Diskussionsentwurf eines Gesetzes über den Amateurfunk,
Ihr Schreiben vom 18.08.1995, Az. 314A 3500/AFuG,
hier: Öffentliche Kommentierung bis 30. September 1995
Anlage 1: Stellungnahme zum BMPT-Diskussionsentwurf
Anlage 2: Synopse zum Diskussionsentwurf des Textes des
BMPT-Entwurfes mit den Vorschlägen der Funkamateure
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir danken für die Übersendung des Diskussionsentwurfes eines Gesetzes über den
Amateurfunk mit Ihrem Schreiben vom 18.08.1995 an die Mitglieder des RTA. Die
Stellungnahme des RTA zu diesem Entwurf finden Sie in der Anlage. Wir halten es jedoch
für sinnvoll, Ihnen mit diesem Schreiben ein paar zusätzliche Eindrücke zu vermitteln.
Mit Ihrem Diskussionsentwurf für ein überarbeitetes AFuG lassen Sie uns nunmehr erkennen, wie Sie künftig die Angelegenheiten des Amateurfunkdienstes wie vereinbart in einem eigenen Gesetz regeln wollen. Wie Sie sicher durch Beobachtung der Amateurfunk-Medien selbst festgestellt haben, herrscht unter den Funkamateuren auch heute noch mehrheitlich die Meinung vor, daß Anpassungsveränderungen am derzeit gültigen AFuG ausgereicht hätten, um es zu modernen Bestimmungen kompatibel zu machen. Unbeschadet dessen sind wir erleichtert darüber, daß Sie Ihr Versprechen eingelöst haben, uns grundsätzlich ein eigenes Gesetz über den Amateurfunk zu erhalten. Die Vorlage Ihres Diskussionsentwurfes beendet eine lange Zeit der Verunsicherung und fruchtloser Diskussionen in dieser Frage.
Die Mitgliedsverbände des RTA haben sich unverzüglich in ihren Vereinigungen um die Erarbeitung einer Stellungnahme auf demokratischer Grundlage bemüht. Wir verhehlen nicht, daß die kurze zur Kommentierung eingeräumte Frist es uns nicht leicht gemacht hat, eine fachlich befriedigende Arbeit zu leisten, ohne demokratische Rechte unserer Mitglieder auf Beteiligung auszuhöhlen.
Es ist daher möglich, daß wir in einigen Punkten die von uns für erforderlich gehaltene, tiefgehende Prüfung von zum Teil völlig neuen Regelungen in diesem Zeitraum nicht vollständig und abschließend geleistet haben. Da uns überdies keine der fünf in diesem Entwurf angesprochenen Verordnungen Inhaltlich auch nur in Ansätzen bekannt sind, können wir die rechtlichen Folgen einzelner Paragraphen des Entwurfes weder hinsichtlich ihrer Vollständigkeit noch ihrer sachlichen Richtigkeit sachlich beurteilen. Unsere Stellungnahme muß insoweit unter dem Vorbehalt weiterer Ergänzungen oder Änderungen stehen.
Die Bezugnahmen auf das noch nicht verabschiedete Telekommunikationsgesetz, die Ankündigung einer uns möglicherweise betreffenden Änderung des EMVG und die noch ausstehenden Verordnungen gestalten es schwierig, den Funkamateuren zu vermitteln, daß eine ihre Interessen voll berücksichtigende Stellungnahme dennoch in Grenzen möglich sein muß. Die Schwerpunkte der spontanen Kritik am Entwurf im sensibel reagierenden Medium Packet-Radio und auch auf den Amateurfunkbändern, die wir zwar nicht überbewerten, aber auch nicht in ihrer repräsentativen Bedeutung unterschätzen sollten, konzentrierten sich auf die folgenden Punkte:
- die als Herabstufung empfundene Verwendung des Begriffes Funkanwendung und das Weglassen des Wortes Dienst aus dem Wart Amateurfunkdienst,
- den offensichtlich fehlenden Bezug zur geltenden Vollzugsordnung für den Funkdienst,
- den Wegfall der bisherigen Lizenz einschließlich der Genehmigungsurkunde und das Unvermögen, im Wortlaut des Diskussionsentwurfes den Anspruch auf die Lizenzurkunde bei Erfüllen der Voraussetzungen zu erkennen,
- die Verknüpfung mit dem Telekommunikationsgesetz insbesondere über den Frequenznutzungsplan unter gleichzeitigem Wegfall der bisherigen Anlage 1 der DV-AFuG, die als Aushöhlung der Institution eines eigenständigen Gesetzes empfunden wurde.
Auch die uns zugegangenen Stellung nahmen unserer Mitglieder konzentrieren sich in erster Linie auf die vorstehenden Punkte, denen wir hier noch hinzufügen wollen das Unbehagen, das uns beschleicht bei dem Gedanken, daß die Regelung von Störungen oder störenden Beeinflussungen in Zukunft vorwiegend auf die für diese Materie völlig unzureichend ausgerüsteten Zivilgerichte verlagert werden könnte.
Insbesondre die vier, von uns hier wegen der Häufigkeit ihrer Nennung aus der Fülle der insgesamt Argumente herausgegriffenen Punkte haben eine erhebliche Unruhe und Verunsicherung ausgelöst. Sie haben auch Mißtrauen in die Umsetzung der Erklärung des Ministers Bötsch geschürt, daß es ... auch in Zukunft keine gesetzlichen Regelungen zum Nachteil der Funkamateure geben wird.
Wir zweifeln nicht an den guten Absichten des Ministers und seines Hauses. Der größte Mitgliedsverband des RTA, der DARC e. V., hat daher versucht, in diesen Punkten bei Ihnen vorab eine mündliche Klärung zu erhalten, um damit diesen spontanen Meinungsbildungen entgegen zu arbeiten. Leider mußten Sie diese erbetenen Gespräche mit Hinweis auf die Gleichbehandlung aller Beteiligten ablehnen. Gleichwohl gehen wir davon aus, daß Sie die uns versicherten guten Absichten, die wir immer wieder in persönlichen Gesprächen in Ihrem Hause haben erfahren können, auch weiterhin verfolgen.
Das hier zutage getretene Spannungsfeld hat schon historische Dimensionen. Das gegenseitige Vertrauen mußte seit eh und je immer wieder durch gemeinsame Anstrengungen erarbeitet werden. Als Beleg hierfür möchten wir einige Worte des Staatssekretärs Dr. Bredow zitieren, die dieser nach den uns vorliegenden Überlieferungen am 24. Januar 1924 zur Regelung des Funklieberhaberwesens, gesagt hat:
So ist leider nicht zu verhehlen, daß im Anfangsstadium der Funkliebhaberbewegung mangels fehlender Fühlungnahme mit der Verwaltung in die Kreise der Funkfreunde unnötigerweise sehr viele Mißverständnisse hineingetragen sind, die vielleicht hätten vermieden werden können. So wurde z. B. ohne Weiteres angenommen, die Verwaltung beabsichtige die Bewegung totzuschlagen, und es sei erforderlich, sich in einer Abwehrorganisation zusammenzufinden und Sturm gegen das Reichsregal zu laufen. Diese falsche Einstellung hat der deutschen Funkliebhaberbewegung ungeheuer geschadet. Wenn wir als Besitzer des Regals gewisse Rechte abgeben sollten, dann müßte ersteinmal mit uns verhandelt und nicht dem Regal als solchem der Kampf angesagt werden. Es wäre dann sehr schnell klar geworden, daß gerade das Regal und die in Aussicht genommene Verordnung, die ebenfalls ganz unnötig bekämpft wurde, die beste Grundlage für ein geordnetes Funkliebhaberwesen ist.
Wir wissen nicht, warum sich die damaligen Funkamateure nicht vertrauensvoll an das Reichspostministerium gewandt haben. Auch eine anläßlich der Kurzwellentagung 1927 in Kassel von den Funkamateuren gefaßte Entschließung gibt hierzu keine Anhaltspunkte.
Wie dem auch sei: Gegen den RTA kann der Vorwurf mangelnder Fühlungnahme wohl kaum erhoben werden. Gleichwohl zeugt die Reaktion vieler Funkamateure immer noch von Mißtrauen gegenüber der Behörde. Der RTA hofft, daß die kommenden Verhandlungen dazu führen mögen, daß die Funkamateure sich mit einer neuen Vertrauensgrundlage endgültig von dieser Vorbelastung verabschieden können. Wir gehen davon aus, daß die Bezeichnung des Entwurfes als Diskussionsentwurf von Ihnen als Einladung zu fruchtbaren Sachgesprächen mit einem am Ende tragfähigen Ergebnis gemeint ist. Wir sehen unsere beigefügte Stellungnahme an als unseren Beitrag zu dem Einstieg in solche Sachgespräche.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Horst Ellgering, DL9MH | Dr. Christof Rohner, DL7TZ |
Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ
Inhalt 1995 | Rundspruch-Archiv |