Anlage 5 zum HV-Protokoll 1996
Bremen, den 10. Mai 1996
Am Mittwoch dieser Woche, nämlich am 08. Mai 1996 erhielt ich per Post eine Kopie eines offiziellen Schreibens des Vorstandes, nämlich des stellvertretenden Vorsitzenden des DARC an einen Herrn Dr. Holger Kremser, Göttingen vom 01. Mai 1996, welches nach dem darauf angebrachten Verteiler nicht zu meiner Kenntnis bestimmt war.
Darin wurde dem Empfänger dieses Schreibens Herrn Dr. Kremser für ein mir ebenfalls nicht bekanntes Gutachten Der Rundfunkbegriff und der Amateurfunk gedankt, welches offenbar vom Vorstand des DARC dort in Auftrag gegeben und dem Vorstand auch zuvor zur Kenntnis gelangt war.
Was mich in diesem Schreiben jedoch in meiner Eigenschaft als Justitiar des DARC besonders befremdete, ist der Umstand, daß darin der Empfänger des Schreibens gebeten wird, an einem für den 23. Mai 1996 in Göttingen vereinbarten Termin weitere Einzelheiten zu erörtern, und es dann weiter heißt:
An dem Gespräch sollen Frau Vollmer als unsere künftige Justitiarin, Herr RA Krecher und ich teilnehmen.
Mit ich gemeint ist der Absender des Schreibens, nämlich der stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes des DARC.
Diese Kopie des Schreibens vom 01. Mai 1996 enthält bezüglich dieser Textstelle unten einen handschriftlichen Vermerk des ersten Vorsitzenden des DARC mit folgendem Vermerk:
Noch ist Boyke Dettmers Justitiar des DARC. Ein Beschluß, daß Frau Vollmer Justitiarin ist oder wird, ist vom Vorstand nicht gefaßt.
Durch den Inhalt dieses Schreibens aufmerksam geworden, aus dem ich erstmals von einer Frau Vollmer und davon erfuhr, daß dies die künftige Justitiarin des DARC sein solle, hielt ich Nachfrage auch wegen des mir bis dahin unbekannten Gutachtens eines Dr. Kremser aus Göttingen zu dem Rundfunkbegriff und dem Amateurfunk und erhielt vorgestern, nämlich am 09. Mai 1996 mit Schreiben vom 08.05.1996 von der Geschäftsstelle des DARC Kenntnis von einem anderen Schreiben des Vorstandes des DARC wiederum an einen Außenstehenden, eine dritte Person, die wohl ebenfalls nicht Mitglied des DARC ist, nämlich von einem Schreiben vom 01. Mai 1996 an einen Herrn Prof. Dr. Dieter Dörr in Mainz, in welchem es um ein Kurzgutachten mit dem Inhalt Recht der Funkamateure auf Antenne geht.
Im ersten Absatz dieses Schreibens geht es um eine damals offenbar bereits verabredete Besprechung mit diesem Professor an dem damals noch bevorstehenden, jetzt schon hinter uns liegenden 09. Mai 1996, und in diesem Zusammenhang heißt es in jenem Schreiben:
Es wäre sehr hilfreich, wenn an dem Gespräch auch Frau Vollmer als unsere künftige Justitiarin teilnehmen könnte.
Durch diese beiden Schreiben erfuhr ich jetzt gleichsam hinten herum, daß der Vorstand des DARC dritten Personen gegenüber eine künftige Justitiarin des DARC nicht nur namentlich vorgestellt, sondern bereits in dieser Funktion in die Arbeit des Vorstandes gemäß § 2 Abs. 3 i) der Satzung des DARC an meiner Stelle eingebunden hat, ohne mich und auch andere Institutionen des DARC hiervon überhaupt nur zu unterrichten.
Ich kann mir dieses mit Verlaub gesagt stillose Verhalten des Vorstandes eines so bedeutenden Vereines nicht erklären.
Ich kann auch nicht glauben, daß es sich bei den in den vorgenannten Schreiben gewählten Formulierungen und der Vorstellung der Frau Vollmer als
unsere künftige Justitiarin
um einen einmaligen, verzeihlichen Fehlgriff bei der Titulierung und Vorstellung sowie Einbindung dieser Dame in die Arbeit des DARC handelt. Denn diese Formulierung und auch die Einbindung der Frau Vollmer in den DARC als unsere künftige Justitiarin wiederholt sich verschiedenen Adressaten gegenüber in mindestens zwei verschiedenen Schreiben des Vorstandes des DARC. Mir ist nicht bekannt, ob und welche sonstigen Schreiben dieser Art in der Zwischenzeit noch an welche außenstehenden Personen oder Institutionen auch immer versandt worden sind.
Der Umstand, daß es sich hier offenbar nicht um ein Versehen gehandelt haben kann, ergibt sich daraus, daß es der Vorstand des DARC zwar für richtig gehalten hat, bei verschiedenen Außenstehenden juristische Gutachten in Auftrag zu geben oder entgegenzunehmen und hierbei auch eigene juristische Berater hinzuzuziehen, es aber geflissentlich vermieden hat, bei den Vorgesprächen zur Erteilung des jeweiligen Gutachterauftrages, bei den Besprechungen der jeweiligen Inhalte dieser Gutachten und auch anschließenden Besprechungen anstelle von anderen das Nächstliegende zu tun, nämlich den amtierenden Justitiar des DARC hinzuzuziehen, zumindest zu unterrichten.
Davon, daß Herr Prof. Dr. Dörr mit der Erstattung eines Gutachtens Recht der Funkamateure auf Antenne beauftragt worden ist, erfuhr ich überhaupt nicht, sondern erhielt erst später sein Gutachten im Rahmen des üblichen Verteilers von der Geschäftsstelle zugesandt. Dabei wäre es gerade bei diesem Gutachterthema wichtig gewesen, Herrn Prof. Dörr auf die diversen einschlägigen Veröffentlichungen zu der Frage des Rechts der deutschen Funkamateure auf eine Antenne hinzuweisen, und in diesem Zusammenhang nicht zuletzt auf die mehreren von mir mit diesem speziellen Thema erschienenen, sehr umfangreichen Veröffentlichung in unserer Clubzeitschrift.
Insbesondere die darin umfassend behandelte, einschlägige Rechtsprechung zum Recht des Funkamateurs auf eine Antenne in der Bundesrepublik Deutschland hat Herr Prof. Dr. Dörr damit in seinem Gutachten an keiner einzigen Stelle mitverarbeiten können und nicht mitverarbeitet, obwohl es doch gerade für das einzelne Mitglied des DARC von Wichtigkeit wäre zu erfahren, welche Durchsetzungsmöglichkeiten und Prozeßaussichten es im Falle des Antennenwunsches oder des Streites über die bereits vorhandene Antenne hat.
Denn immerhin wird für diese Gutachten das Geld der Mitglieder des DARC ausgegeben, und die Mitglieder müssen daher auch erwarten können, daß der Auftrag zur Erstellung solcher teuren Gutachten Sinn macht, und daß sie in dem Gutachten nachher auch eine systematische und vor allem vollständige Darstellung der aktuellen Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland zu dem angeschnittenen Fragenkomplex erhalten.
Hierzu gehört natürlich auch die Darstellung der gesamten aktuellen deutschen Rechtsprechung zu Amateurfunkantennen, die sehr zahlreich ist, und von welcher nicht ein einziges einschlägiges Gerichtsurteil in dem Gutachten des Herrn Prof. Dr. Dörr überhaupt nur erwähnt wird.
Hierzu wäre es nicht gekommen, wenn der Vorstand des DARC mich von dem Wunsch in Kenntnis gesetzt hätte, ein solches Gutachten in Auftrag geben zu wollen, oder mich wenigstens später in diesbezüglich Besprechungen mit Herrn Prof. Dr. Dörr mit eingebunden hätte.
Das gleiche gilt von dem vom Vorstand des DARC in Auftrag gegebenen Gutachten des Dr. Kremser, Göttingen. Auch hier bin ich weder unterrichtet noch um Mithilfe gebeten worden und habe von der Existenz eines solchen Gutachtens erst vorgestern auf Nachfrage erfahren.
Wie soll die fruchtbringende und erfolgreiche Arbeit des amtierenden Justitiars des DARC funktionieren, wenn man ihm seitens des Vorstandes das Ergebnis von solchen das Amateurfunkrecht betreffenden Gutachten und deren Existenz und insbesondere Ergebnis vorenthält?
Warum werden die den Gutachtern in Auftrag gegebenen Rechtsfragen nicht zunächst oder zumindest zugleich auch dem eigenen Justitiar des DARC zur Beantwortung vorgelegt? Und wenn dies nicht schon aus Kostenbewußtsein des Vorstandes des DARC geboten wäre, so doch zumindest zum Zwecke einer möglichst ausführlichen und vielseitigen Beantwortung der gestellten Rechtsfragen.
Mich hat niemand gefragt oder unterrichtet.
Aus diesen Umständen muß ich für mich mangels anderer Anhaltspunkte schließen, daß die ganze Angelegenheit und Verfahrensweise Methode hat.
Ich habe aber kein Verständnis dafür und befinde mich in soweit sicherlich in Gesellschaft der meisten hier im Raum, daß ein Vorstand des DARC dann nicht den Mut besitzt, sich mit offenem Visier zu verabschieden, wenn er sich ohne Anlaß oder besonderen Grund von einem juristischen Berater trennen will, der mit großem persönlichen Engagement und Erfolg mehr als 15 Jahre als Justitiar die Interessen vieler wechselnder Vorstände, des gesamten DARC und seiner Mitglieder im Auge hatte und mit viel Erfolg vertreten hat, sondern statt dessen heimlich ihn nicht nur von den aktuellen neuen, für die juristische Arbeit des Justitiars bedeutsamen Informationen und Informationsmöglichkeiten abschneidet in dem dadurch erkennbaren Versuch, damit langfristig bei ihm ein Informations- und Wissensdefizit zu erzeugen, welches diesen Justitiar dann schließlich als nicht mehr tragfähig erscheinen läßt.
Sollte sich der DARC aber nicht von seinem amtierenden Justitiar trennen wollen, so erwarte ich jetzt im Anschluß an meine Ausführungen eine verbindliche, zu protokollierende Erklärung des Vorstandes.
Dann ist seitens des Vorstandes eine einheitliche Sprachregelung in Ansehung der genannten Frau Vollmer und deren Tätigkeitsbezeichnung vereinsintern und auch Dritten gegenüber zu finden. Frau Vollmer ist oder wird nach den Erkundigungen, die ich in den letzten drei Tagen eingeholt habe, Angestellte des DARC.
Solche angestellten Volljuristen gibt es auch schon lange z. B. in Anwaltssozietäten, wo sie Dritten gegenüber in der Regel als juristische Mitarbeiter bezeichnet werden, bei eigener Anwaltszulassung auch als Rechtsanwalt bzw. Rechtsanwältin. Zwei Justitiare braucht und verträgt der DARC nicht.
Zudem sind die selbständigen Tätigkeiten, die sowohl mein Vorgänger RA OM Kawan als auch ich für den DARC als Justitiar ausgeübt haben sehr verschieden von dem, was ein angestellter und damit seinem Arbeitgeber weisungsgebundener und von ihm finanziell abhängiger Jurist nach den Weisungen seines Arbeitgebers zu tun und zu lassen hat.
Nach Rolf Lieberwirth, Lateinische Fachausdrücke im Recht ist der iustitiarius ein Vorsitzender Richter; Hofrichter, Richter im Patrimonialgericht, ganz offenbar also nicht ein weisungsgebundener Angestellter.
Im DARC hat das Amt des Justitiars Tradition und eine nunmehr nahezu 50-jährige Geschichte.
Justitiare des DARC waren stets selbständige, von DARC wirtschaftlich unabhängige, beruflich erfahrene Rechtsanwälte mit eigener Kanzlei und entsprechender Prozeßerfahrung, die außerdem zugleich engagierte Funkamateure mit eigener Lizenz und jahrelanger praktischer und technischer Amateurfunkerfahrung waren und erst dadurch die besonderen, sich aus den Tücken der Funktechnik und deren Folgen ergebenden Rechtsprobleme im Interesse des DARC und all seiner Gremien und Mitglieder für Außenstehende verständlich umsetzen und meistem konnten.
Auch wenn der Einsatz eines Justitiars des DARC Sache seines Vorstandes ist, so wende ich mich in dieser Sache als seit 40 Jahren sehr engagierter und aktiver Funkamateur aus unser aller begründeter Besorgnis um die rechtliche Zukunft des deutschen Amateurfunks und dessen Ausübungsmöglichkeiten auch an den Amateurrat und gebe anheim, die sich für ihn aus 2 Abs. 3 lit. i) in Verbindung mit § 10 Abs. 2 lit. g) und h) ergebenden Verpflichtungen in dieser schweren und unsicheren Zeit besonders ernst zu nehmen.
So jedenfalls kann es nach meiner Meinung nicht gehen.
Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ
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