Anlage zum OV-Rund 3/69 vom 27.03.1969


DER FUNKWETTERDIENST DES DARC

Erläuterungen

Der Funkwetterdienst des Deutschen Amateur-Radio-Clubs wird werktäglich um 19:00 Uhr über eine Station des Funkwetterdienstes abgestrahlt – in SSB – montags bis einschließlich freitags etwa zwischen 3,750 und 3,755 MHz.

Sie hören einen Bericht über die solar-Terrestrischen Ereignisse und deren Auswirkungen auf die Funkverbindungen nach den Unterlagen des RWC (Regional Warning Center) Europe in Darmstadt.

Das RWC Europe in Darmstadt ist die europäische Sammel- und Leitstelle des IUWDS (International Ursigram an World Days Service). Die Zusammenfassung von Sonnen- und geophysikalischen Daten wird durch Telegram oder Funk übertragen, den sogenannten Ursigrams, nach einem Plan zur schnellen Verteilung, der vom IUWDS koordiniert wird.

Der IUWDS ist ein dauernder Dienst der URSI (International Scientific Radio Union) in Verbindung mit der IAU (International Astronomical Union) und der IUGG (International Union of Geodesy and Geophysics).

Der IUWDS ist in vier Regionaldienste unterteilt, und zwar:

a) Europa und Afrika
b) Eurasien
c) westlicher Pazifik und
d) westliche Halbkugel

Sitz dieser Regionaldienste sind die RWC und zwar mit der World Warning Agency in Washington, den Regional Centern

a) West Europa, holländischer Abschnitt: die Empfangsstation NERA in Nederhorst den Berg; Abschnitt Paris mit dem Centre National d'Etudes des Télécommunications und Abschnitt Darmstadt mit dem Fernmeldetechnischen Zentralamt der Deutschen Bundespost, Arbeitsgemeinschaft Ionosphäre

b) Eurasien mit dem Institut of Terrestrial Magnetism, Inosphere and Radio Propagation in Moskau

c) Westlicher Pazifik mit dem Radio Research Laboratories in Tokio und

d) Westliche Halbkugel mit der IUWDS, World Warning Agency National Bureau of Standards, Washington.


Als erste Meldung im Funkwetterdienst kommt die Vorwarnung der World Warning Agency, durch die Abkürzung = V1 = bezeichnet. Liegt keine Vorwarnung vor, wird = V2 = die Vorwarnung, bzw. Warnung, des RWC Darmstadt gebracht.

Diese Warnung schildert in knappen Sätzen wichtige Ereignisse auf Sonne, Erde und im interplanetarischen Raum sowie deren Auswirkungen auf die Funkverbindungen.

Dann folgt die Durchsage = W = Angaben über die erwartete Wahrscheinlichkeit von Solarflares der Importance II oder größer. Diese Angaben sollen es Ihnen ermöglichen die Wahrscheinlichkeit von Ionospheric Events richtig zu beurteilen. Einer der bekanntesten dieser Events ist der SID = sudden ionospheric disturbance d. h. der Mögel-Dellinger-Effekt. Die Einstufung erfolgt in Prozenten. Dabei bedeuten 0 % ganz bestimmt nein, 10–30 % nein, 40 % mag noch nein sein, 50–60 % mag schon ja sein, 70–80 % ja und 90–100 % ganz bestimmt ja.

Unter Flares (Eruption) versteht man ein vorübergehendes, örtlich begrenztes Aufleuchten der Chromosphäre, gewöhnlich gepaart mit einem Fleckengebiet. Flares werden normalerweise in der Wellenlänge des H-Alpha Lichtes (6563 Å) beobachtet. Es erfolgen beim Flare Aussendungen auf fast allen Wellenlängen, von den sehr kurzen X-Strahlen (Röntgenstrahlen) zu den längeren Radiowellen.

Flares werden in fünf Hauptkategorien mit drei Unterkategorien eingeteilt, faint (F) schwach, normal (N) normal oder brilliant (B) leuchtend.

Die Hauptkategorien 0, 1, 2, 3 und 4 beruhen auf der Größe der berichtigten Flarefläche (in Millionstel der Sonnenoberfläche) und auf der Zeit der größten Intensität. Flares werden in eine der 15 Klassifikationen, Importance 0 F (faint) bis 4 B (brilliant) nach folgender Tafel eingestuft:

Klasse ungefähre Dauer
(in Minuten)
Fläche
(in Millionstel der Sonnenoberfläche)
Häufigkeit des Auftretens
(in Prozenten)
0 (F, N, B) 17 kleiner als 100 75
1 (F, N, B) 32 100–249 19,6
2 (F, N, B) 69 250–599 4,8
3 (F, N, B) 145 600–1200 <1
4 (F, N, B) 145 >1200 <1

Die großen Flares sind die Quelle starker energiereicher Strahlung und zwar sowohl von Wellen- wie auch von Korpuskelstrahlung.

Die nächste Durchsage betrifft den Radio-Flux = R =. Der Fluß (flux genant) ist allgemein die Flußrate einer Menge. Sie wird oft benützt in Bezug auf eine fließende Energie. Die Flußdichte (flux-density) ist der Fluß einer Menge durch eine Flächeneinheit einer bestimmten Oberfläche. Hier im Falle des Radio-Flux liegt die Flächeneinheit in der Oberkante der Erdatmosphäre, um die Schrägeinstrahlung und die Absorption auszuschalten. Die Radio-Fluß-Dichte (Radio-Flux-Density) auf 2800 MHz (10,7 cm) ist ein nutzbarer Indikator der Sonnenaktivität. Er enthält sowohl die 11jährigen als auch die 27tägigen Aktivitätsschwankungen.

Der Fluß wird täglich von mehreren Observatorien gemessen, wobei Ottawa/Kanada die Standardwerte liefert. Die Einheit beträgt 10-22 Watt pro Quadratmeter, pro 1 Hz Bandbreite.

Die 10,7-cm-Radio-Noise-Strahlung der Sonne ist eine Beurteilung der allgemeinen Sonnenaktivität analog der Sonnenfleckenrelativzahl. Während die Sonnenfleckenrelativzahl vom Beobachter und von den Beobachtungsbedingungen abhängig ist, kann die 10,7-cm-Strahlung durch Registrier- und Meßgeräte erfaßt werden.

Mit R1 wird im Funkwetterbericht die gemessene Strahlungsdichte, mit R2 die vorhergesagte und mit R3 das Mittel der letzten 90 Tage bezeichnet.

Dann wird mit der Bezeichnung M1 für die beobachtete und M2 für die erwartete magnetische Unruhe der Zustand des erdmagnetischen Feldes durchgegeben. Zwischen der magnetischen Unruhe und den Störungen der Funkbedingungen bestehen direkte Zusammenhänge.

Für die Erde als Ganzes werden planetarische erdmagnetische Kennziffern Kp abgeleitet, die für je drei Stunden nach Weltzeit (Greenwichzeit) eine Ziffer zwischen 0 (Ruhe) und 9 (stärkster Sturm) geben. Für eine feinere Unterteilung werden noch –, 0 und + angehängt, sodaß im ganzen 28 Stufen verfügbar sind. Die größte Häufigkeit tritt für die Werte 1– bis 30 auf.

Mit Ap wird die magnetische Unruhe in einer linearen Skala angegeben. Man kann die beiden Werte mit Hilfe einer Umrechnungstafel konvertieren.

Zu beachten ist, daß K4 bzw. Ap 25 einen schwachen magnetischen Sturm und K6 bzw. Ap 100 einen großen magnetischen Sturm angeben.

Diese Angaben ermöglichen eine Beurteilung der Ausbreitungsbedingungen und eine eventuelle Vorhersage von Aurora.

Nun folgen die Linienvorhersagen = P =.

Aus den Monatsvorhersagen = FTZ = Funkwetterdienst oder DL-QTC (DJ2BC, Dr. Lange-Hesse) können Sie die Monatsmittel entnehmen. Dabei handelt es sich um Medianwerte. An der Hälfte aller Tage des Monats werden diese Medianwerte erreicht oder überschritten.

Mit P1, P2, P3 ... werden dann täglich die Abweichungen von diesem Monatsmittel angegeben. Verwendet wird eine neunstufige Skala nach CRPL (Central Radio Propagation Laboratory), mit 1 = unmöglich, 2 = sehr schlecht, 3 = schlecht, 4 = schlecht bis befriedigend, 5 = befriedigend, 6 = befriedigend bis gut, 7 = gut, 8 = sehr gut, 9 = ausgezeichnet. Es werden jeweils a = 1. Tageshälfte, 2. Tageshälfte, b = 1. Nachthälfte, 2. Nachthälfte und c = 1. Tageshälfte, 2. Tageshälfte des kommenden Tages, insgesamt sechs Zahlen gegeben. Diese Zahlen sind die Auswertung großer Erfahrung auf dem Gebiete der Funkwellenausbreitung und Vorhersage. Sie können manchmal im scheinbaren Widerspruch zur 10,7-cm-Radio-Strahlung, zur magnetischen Unruhe, Aurora oder anderen geophysikalischen Indizien stehen.

Die Zahlenwerte beziehen sich für P1 bis einschließlich P7 auf die FOT (Frequence optimal de travail). Diese kann bei F2-Schicht-Übertragung in erster Annäherung zu 0,85 × MUF angenommen werden. Sie müssen sich für Ihre Betriebsbedingungen dazu eine Art Umrechnungsfaktor bilden. Dies soll dadurch erleichtert werden, daß Sie Ihre Bandbeobachtungen mit den Vorhersagen des heutigen Tages vergleichen. Kommen kleinere Zahlen, so fallen die Bedingungen ab, kommen größere Zahlen, so steigen die Bedingungen an. Die Werte 7, 8 und 9 bedeuten dabei gleichzeitig große Übertragungsfrequenzbreiten.

P9 - a.) Streustrahlung - oder b.) tote Zonen auf dem 80-m-Band bei guten Funkbedingungen ermöglichen Ihnen DX auf 80 m.

Unter P10 werden die wichtigsten aktiven Gebiete auf der Sonne mitgeteilt. Aktive Gebiete in der Nähe des Zentralmeridians können starke Störung verursachen. Wichtig ist die Veränderung in der Entwicklung.

Die Angabe des Phasenganges der kosmischen Strahlung nach DL1XV gibt Ihnen über Plasmawolken im Raume zwischen Sonne und Erde Auskunft.

Die Angaben der Radiostrahlung der Sonne nach DJ4DQ geben Auskunft über einzelne Ereignisse auf der Sonne im Radiowellenbereich.

Als letzte der ständigen Mitteilungen folgt die Grenzfrequenz der Senkrecht-Lotung von Lindau/Harz, bzw. wenn diese Werte nicht vorliegen, die Werte von Breisach.

Die Faktoren für Schrägausbreitung sind dann ungefähr:

E-Schicht Reflektion

Hoplänge 1000 km × 3,4
2000 km × 4,8

F1-Reflektion

Hoplänge 1000 km × 2,0
2000 km × 3,4
3000 km × 4,0

F2-Reflektion

Hoplänge 1000 km × 1,5
2000 km × 2,4
3000 km × 3,0


A. Ochs vom Fernmeldetechnischen Zentralamt (FTZ) in Darmstadt hat in der Zeitschrift Funk-Technik 1966, Heft 15–21 in dem Artikel „Die Funkwellenausbreitung in der Ionosphäre und ihre Vorhersage“ den Einfluß der Grenzfrequenz, der 10,7-cm-Radiostrahlung (Sonnenfleckenrelativzahl) und des erdmagnetischen Feldes im einzelnen beschrieben.

Ebenfalls eine Darstellung dieser Zusammenhänge finden Sie in „Engineering compendium – HF Antenna Selection“ der Fa. Collins.


Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


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OV-Rund 3/69