Geschäftsführender Vorstand

im Februar 1969

„Man kann ruhig darüber sprechen“

sagte einst ein bekannter Schriftsteller und wählte diesen Ausspruch zum Titel eines amüsanten Schmunzelbüchleins.

Man sollte, ja man muß sogar darüber sprechen, wenn es um gewisse neue Randerscheinungen des Amateurfunks geht, sie geeignet sind, Ärger und Unfrieden zu stiften.

Unser Stichwort heißt: „Kommerzialisierung“!

An sich ist nichts dagegen zu sagen, wenn Funkamateure, die es sich leisten können, industriell gefertigte Geräte zu erstehen. Zweifellos gibt es auch bei uns Amateure, deren Liebe der Betriebstechnik – der reinen funkerischen Empfangs- und Sendetätigkeit – gehört, die jedoch aus Zeitgründen, oder weil ihnen Basteln alter Art nicht liegt, zunehmend auf Fertiggeräte zahlreicher Firmen zurückgreifen.

Es wäre unfair, dies OM etwa deshalb zu verurteilen, vielleicht weisen sie mehr HAM-Spirit auf, als mancher andere, der sie befeindet.

Den Überwachungsorganen ist auch oft das Signal einer solchen marktkäuflichen Station lieber, als ein mit Eigenmitteln hergestellter, vorgeschriebene Toleranzgrenzen überschreitender „Träger mit Zubehör“, der dem mit großem häuslichen Fleiß aufgebauten Drahtverhau entfleucht.

Darum geht es auch gar nicht!

Wenn nun Funkamateure selbst, die vielleicht einen kleinen Radioladen betrieben haben, entdecken, daß sich mit der zunehmenden Zahl der Stationen auch bei uns das „Einsteigen“ in diesen Markt lohnt, so fangen damit gewisse Gefahren an. Wir meinen damit schlicht das, was man als unlauteren Wettbewerb oder Konkurrenz-Neid bezeichnet.

„Klappern gehört zum Handwerk“, sagt man!

„Werbung hebt das Geschäft“.

Nun hat sicherlich niemand etwas dagegen, wenn in einer Vielzahl von Anzeigen unsere deutschen Firmen und Firmenvertreter neben den Firmen-Namen auch noch ihr Rufzeichen setzen. Schließlich will man damit seine diesbezügliche Erfahrung andeuten nach dem Motto: „Hallo HAMs! Ich weiß selbst Bescheid, und deshalb werdet Ihr bei mir gut bedient!“

Günstig – natürlich aus entsprechender Firmensicht – ist es auch, wenn man einen Exklusiv-Vertrag mit einer renommierten Auslandsfirma abgeschlossen hat, für die man dann als sog. Allein-Vertreter fungiert. Natürlich verdient diese Tatsache ein besonderes Herausstreichen in der entsprechenden Annonce. Eine runde Sache ist es dann, mit einem alten Call und Weltfirmen-Name in's Geschäft einsteigen zu können.

Ausgesprochen schlecht entwickelt sich die Situation aber dann, wenn man unter den Geschäften zu vergessen beginnt, daß man selber und auch vielleicht auf der nächsten Seite der HAM-Börse annoncierende Firmeninhaber Funkamateure sind, – mit einer gewissen besonderen Verpflichtung potentieller Kunden gegenüber, nämlich dem der Verbundenheit über das Hobby.

Nun ist bei uns in Deutschland vergleichende Werbung unstatthaft, d. h. man darf nicht gleichzeitig sein eigenes Produkt in den Himmel heben und vermeintliche Nachteile des Konkurrenzangebotes anprangern.

Und jetzt, liebe Freunde, muß es offen gesagt werden:
Den Vorstand unseres DARC haben von verschiedenen Seiten in der letzten Zeit zunehmend Informationen erreicht, die die Berechtigung dessen, was hier nur vorsichtig angedeutet werden kann, zu beweisen scheinen.

Deshalb die Bitte an diejenigen, die es angeht:
Denkt weiter als nur in vordergründigen Umsatzzahlen, riskiert nicht mit einem solchen Verhalten auf die Dauer Euren eigenen Ruf und letzthin auch den des Amateurfunks schlechthin!

Es soll hier nicht an das besondere Berufsethos eines „königlichen Kaufmanns“ appelliert werden, aber an die selbstverständliche Tatsache, daß wir alle dem Amateurfunk mit einer Gewissensverpflichtung verbunden sind!

Schließlich einige Worte mit ebenso eindeutigem Akzent an die Vielzahl unserer Amateure, die im Äther Gedankenaustausch pflegen.

Zum Standard-QSO gehören seit eh und je nicht nur die Angabe von Signalstärke und Lesbarkeit, sondern auch die der besonderen technischen Stationsdaten. Es ist begrüßenswert, wenn Amateure darüber hinaus in Einzelheiten das Besondere der Konstruktion ihrer Geräte herausstellen.

Wenn hier manchmal vergleichende Urteile ausgesprochen werden, so ist das kein Beinbruch, sofern es nicht zu Verallgemeinerungen führt. Der betreffende Ham spricht ja punktuell von seiner eigenen, persönlichen Situation, bzw. er vergleicht sie vielleicht mit einer ebenso einzelnen Fertigung.

Natürlich sollte man hier, wie bei allen Werturteilen, Takt beweisen und dem Partner nicht auf den „Schlips treten“. Ausgesprochen unfair ist es, über einen nicht beteiligten Dritten zu reden, abgesehen davon, daß bei der Besonderheit unsres Freizeitsports dieser Dritte gerade stiller Zuhörer sein kann.

Ausgesprochen dumm kommt es einem jedoch an, wenn Funkamateure auf dem Bande lauthals und in's Einzelne gehend „Tricks“ verkünden, die sie bei der Beschaffung des einen oder anderen Gerätes abgewandt haben.

Oft ist es nur bloße Renommiersucht, in den Tatsachen völlig übertrieben, wenn sie Leistungsangaben machen, die z. B. postalisch bestimmte Toleranzgrenzen bei weitem übersteigen.

Andere erzählen, wie sie auf dem Wege über einen bekannten Ölscheich verbilligt, d. h. natürlich auch unter Umgehung gewisser Zoll- und handelsrechtlicher Bestimmungen, zu ihrer Superstation gekommen sind.

Und jetzt potenzieren sich die anfangs erwähnten negativen kommerziellen Erscheinungen mit den unqualifizierten Quatschereien auf dem Band und drohen sogar in das Ungesetzliche, Kriminelle abzugleiten.

So hört vielleicht z. B. der „Alleinvertreter“ einer Gerätefirma, daß OM Hintermeier aus Bums an der Knatter ein eben solches Gerät dieser Firma auf ganz anderen Wegen bezogen hat. Die Firma ist erbost ob der Verletzung ihres Alleinvertretungsanspruchs; der OM reagiert allergisch, wenn plötzlich der Staat seine Rechte geltend machen will. Mehr aus dem Gefühl des schlechten Gewissens heraus, vielleicht aber auch zu recht, vermutet er, daß sich hier jemand gerächt hat. Und so kann man die Dinge wunderbar gegeneinander aufschaukeln, wobei die Resonanz des Äthers vorzüglich mithilft.

Lohnt sich ein solches Verhalten wirklich?

Ein Ham, der in der Lage ist, eine Fertig-Station im Werte von mehreren Tausend Mark zu erstehen, kann auch die relativ geringe Zollgebühr bezahlen.

Ein OM als Firmeninhaber sollte sich aber in seinem Verhalten nicht dem Verdacht der Denunziation aussetzen, nur weil ihm ein Geschäft durch die „Lappen“ gegangen ist.

Der Vorstand des DARC fühlt sich allen Mitgliedern gegenüber für die Erhaltung unseres Freizeitsports und seine dauernde Weiterentwicklung verantwortlich.

Erscheinungen der oben geschilderten Art vermögen uns schweren ideellen wie materiellen Schaden zuzufügen.

Besinnen wir uns deshalb ernstlich auf die tragenden Grundprinzipien unseres Denkens und Handelns! Schlechtes kommerzielles Verhalten gehört ebenso wenig wie ganovenhaftes Denken und Handeln in unsere Reihen. Wer dem anheim fäll, stellt sich außerhalb, denn

„Funkamateur ist, wer sich lediglich aus persönlicher Neigung und nicht in Verfolgung andrer, z. B. wirtschaftlicher oder politischer Zwecke mit Funktechnik und Funkbetrieb befaßt.“


Im Namen des Geschäftsführenden Vorstandes:
gez. W. Speckmann, DJ5UD, 2. Vorsitzender


Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


Inhalt 1969 Rundspruch-Archiv

OV-Rund 2/69