Wie gestaltet man den OV-Abend für die OM interessant?


Die praktischen Erfahrungen beim Besuch von Distrikts- und OV-Versammlungen des DARC hat gelehrt, daß die Art, wie besonders die OV-Versammlungen aufgezogen werden, äußerst unterschiedlich sind.

Die Folge ist oft, daß die Mitglieder nicht einsehen, warum sie überhaupt dem DARC angehören, wenn dort kein Clubleben herrscht, wo sie sich gegenseitig richtig kennenlernen können und etwas für ihre Unterrichtung und Weiterbildung getan wird. So ist es durchaus verständlich, wenn man auf 'die Leitung' schimpft, die 'nichts für die Mitglieder tut' usw.

Der DARC besteht nun nicht aus 'der Leitung' und in zweiter Linie den Mitgliedern, sondern diese sind zuerst da - der Ortsverband ist die Keimzelle des DARC's und des Clublebens, er bestimmt auch über den Distrikts-Vorsitzenden, als gewählter Vertreter, den Vorstand.

Es wäre sehr schön, könnte man vom Vorstand aus jeden OV des öfteren im Jahre besuchen; aber ein einfaches Rechenexempel zeigt bei der Zahl von annähernd 250 Ortsverbänden die Unmöglichkeit. Es sei denn, wir hätten jemanden, der keinen Beruf hat und einen QRO-Geldbeutel sein eigen nennt! Dagegen kann der Vorstand immer wieder auf die Möglichkeiten zur Verbesserung des Clublebens hinweisen, und das soll hiermit getan werden.

Die Verhältnisse sind in einem kleinen OV natürlich andere als in einem großen, wobei aber durchaus nicht gesagt werden soll, daß der große OV geringere Schwierigkeiten hat. Gewiß  hat dieser mehr Möglichkeiten und kann seine Abende durchaus interessanter gestalten; aber es ist im großen OV viel schwieriger, die OM in engeren Kontakt zu bringen. Auch die Zahl der Unzufriedenen wächst mit der Gesamtzahl, die Betreuung der Anfänger und Jugendlichen ist schwieriger; Lokalschwierigkeiten, Anmarschwege und viele andrer Dinge dürfen nicht verkannt werden.

Mit dem OV als Keimzelle des DARC steht und fällt aber unser ganzes Clubleben; dies zu verbessern, sollte unser stetes Bemühen sein!

Es ist durchaus verständlich, wenn nicht jeder OV-Vorstand, der von den Mitgliedern gewählt wird, nun aus der Praxis des Verbandslebens soviel kennt, daß er seine Aufgaben ohne weiteres meistern kann. Wie immer im Leben, kann man aber auch in der Betreuung einer größeren Zahl von Mitgliedern etwas hinzulernen. Auch mir geht es nicht anders. Nur habe ich den Vorteil gehabt, bereits 1926 in Hamburg mit einem kleinen OV von 9 Mitgliedern angefangen und an seiner Entwicklung bis zum heutigen Stande von rund 400 Mitgliedern vieles in dieser Hinsicht gelernt zu haben. Betrachten Sie also die heutigen Zeilen mehr als eine Art Erfahrungsbericht im Telegrammstil, der Möglichkeiten zur Verbesserung aufzeigen soll, Möglichkeiten, die je nach Ort und Größe angewendet werden können oder nicht, und überlegen Sie, ob nicht das eine oder andere auch für Ihren OV brauchbar wäre. Wenn es für Sie als OVV von Nutzen für die weitere Ausgestaltung und Verbesserung Ihrer OV-Arbeit wäre, sollte es mich nicht reuen, dies alles einmal geschrieben zu haben. Vielleicht sollte man es auch einmal im OV verlesen, denn wenn auch die Mitglieder diese Möglichkeiten kennenlernen, werden sie um so eher bereit sein, an ihrem OV weiterzubauen und mitzuhelfen, damit es zu einem netten Clubleben kommt. Wie in jedem Verband macht die Zahl der Mitarbeiter ihn zu einem 'in dem was los ist', wo man gern hingeht - oder nicht. Einer allein kann das nie schaffen; je mehr mitmachen, desto besser wird es.

Also fangen wir einmal an im Telegrammstil und ohne strenge Reihenfolge:

A) Über allem steht der QRP-Geldbeutel, wir müssen also vieles improvisieren, besonders beim Aufbau. 'Organisieren' ist dabei ein unschätzbares Talent, man soll sich dabei auch ruhig einmal mit dem Bürgermeister, den Behörden und Verwaltungen und dergl. in netter, konzilianter Form in Verbindung setzen. Weist man dabei auf die gesetzlichen Bestimmungen hin, erwähnt nebenbei die Ausbildung, die Erfolge der Amateure, ihre Hilfsaktionen, den Umfang der Organisation in Deutschland und auch im Ausland, dann hat man sehr oft Erfolg in der Beschaffung von Räumen, Bunkern für Werkstätten, Baugenehmigungen, Antennen-Stützpunkte und dergl. Evtl. Hilfsstellung seitens des Vorstandes durch entsprechende Schreiben mit genauen Angaben anfordern.

B) Räumlichkeiten für die OV-Versammlungen. Nur bei ganz kleinen OV'en läßt es sich in der Wohnung eines OM machen; sonst Schulräume, Clubzimmer in Wirtschaften (niemals in der Wirtschaft selber!), dabei Abmachung, daß die Jüngeren nichts zu verzehren brauchen, wenn sie nicht wollen; Aulas und Säle für größere OV'e. Evtl. auch Räume anderer Organisationen, wenn diese nicht jeden Tag gebraucht werden, z.B. Rundfunk, CVJM, IOGT-Logenheime, Kantinen von Behörden und Firmen. Diese haben oft den Vorteil, wenig oder gar nichts zu kosten, kein Verzehr nötig.

C) Zusammenkünfte des OV's mindestens monatlich einmal, besser aber alle 14 Tage; ruhig Interessenten anderer Verbände einladen, besonders, wenn deren Räume mitbenutzt werden.

D) Zeiten: wochentags abends, etwa 19 - 22 Uhr; günstiger als Samstags oder Sonntags, diese Tage wollen die OM teils für die Familie, teils für ihre Arbeit haben, auch sind Räume an anderen Wochentagen leichter zu haben.

E) Tür-Kontrolle meistens nur bei größeren OV'en wegen billigen Warenbezugs notwendig, evtl. durch Kassierer, der gleichzeitig Mitgl.-Beiträge einkassiert und später nach Abzug der OV-Anteile gesammelt an die Geschäftsstelle abführt. Gäste eintragen lassen und nach dreimaliger Teilnahme zur Mitgliedschaft auffordern.

F) Programm. Der OV-Vorstand sollte in der Zwischenzeit je einmal zusammenkommen, um ein Programm für die nächsten OV-Abende vorzubereiten, das den Mitgliedern im voraus bekanntgegeben wird. Folgendes Schema möge als Anhalt dienen:

a) 1/2 Std. Allgemeine Aussprache; Waren-Vermittlung; Bücher-Vermittlung; QSL-Karten-Verteilung.

b) 1/4 bis 1/2 Std. Stellen-Vermittlung; 'Gesucht-Anzubieten' (Liste führen!), Verlesung von OV-Nachrichten.

c) 1 -2 Std. Vorträge (auch von Industrie und Händlern); Diskussionen; Beantwortung aus dem Fragekasten.

Waren-Abteilung, Bücherei (evtl. Buchhändler) und QSL-Vermittlung haben einen festen Platz vorne beim Vorstandstisch; diese schließen nach der ersten halben Stunde, damit Vorträge nicht gestört werden. Buchhändler zulassen, evtl. mit 5 - 10 % Rabatt für den OV. Waren-Abteilung nur durch zuverlässigen OM, der Industrieverbindung hat und billig einkaufen kann.

G) Teilnehmer: DL's, DE's und Anfänger bei den OV-Versammlungen immer gemeinsam; im Sinne eines gemütlichen Clublebens ist es bisweilen auch nötig, YL's und XYL's teilnehmen zu lassen; hat sich vielerorts bewährt, sie gehören zu uns und haben schon so manchen Nachteil durch uns zu Hause, und es kann nie schaden, auch sie zu interessieren.

H) Patenschaften für die Anfänger und jüngeren OM einrichten. OVV muß bekanntgeben, wer wen zur Betreuung übernehmen will. Jüngere trauen sich oft nicht, selber den Anstoß zu geben; auch den Älteren ist ein 'Patenkind' für kleinere Hilfeleistungen oft von Vorteil.

I) QSL-Karten, Vorzeigen besonders interessanter QSL-Karten mit kurzen Berichten, wie sie erreicht wurden; DX-Erfahrungen.

K) Ausbildung getrennt von den OV-Abenden, die hauptsächlich Weiterbildungsabende sein sollen, betreiben.

a) Morsekurse bei erfahrenem OM oder im Schulraum.

b) Technische Kurse durch techn. Referenten.

c) Arbeitsunterricht; prakt. Bauabende bei OM, in Händler-Werkstatt oder Bunkerraum.

d) gemeinsames Abhören der Übungssendungen und Rundsprüche; evtl. auf 2 oder 10 m lokale Übungssendungen durch einen DL veranstalten (nicht auf 80, 40 oder 20 m!)

L) Gemeinschaftsgerätebau ist in allen Ländern üblich und muß auch bei uns wieder kommen; Hilfe des techn. Ref. bei Planung und Ausführung; Verbilligung beim Teile-Einkauf usw. Derartige gemeinsame Bauabende sind immer ein Erlebnis.

M) Clubeigene Geräte: Zuerst erforderlich eine Wandtafel und Zubehör; Morse-Übungsgerät und Verteilerleisten; Geräte für Vorträge; Netzanschluß für Vorführungen; Mikrofon-Verstärker, Lautsprecher (bei größeren OV'en) für Vorträge; Lichtbildgerät; Photoabteilung, Bandspieler. Entweder Eigenherstellung oder billiger Gemeinschaftskauf; Unterbringung im Heim im eigenen Schrank (Auktion).

N) Club-Station ja, aber nur mit persönlich verantwortlichem OM, der sie auch unter Verschluß halten muß. Gute Lehrmöglichkeit für die kurz vor der Prüfung stehenden OM.

O) Einladungen mindestens alle halbe Jahre schriftlich (Kartenstempler), denn gerade in größeren OV'en vergessen die OM manchmal den OV-Abend; interessantes Programm bekanntgeben. Auch verwandte technische Vereinigungen, z.B. Flugsport- Motorsportverbände, als Vorbereitung für Gemeinschafts-Veranstaltungen, gemeinsame Vorträge oder Exkursionen, einladen.

P) Geburtstagskalender durch OVV oder YL bzw. XYL anlegen lasen. Zum Clubleben gehört auch, daß man an die Geburtstagskinder denkt, ein paar Worte humorvoller Art dazu auf dem OV-Abend fördern die Freundschaft.

Q) Gelegentliche besondere Diskussionsabende für Verbesserungen im OV, Distrikt oder Club-Vorstand einrichten; evtl. Teilnahme des Distr. Vorsitzenden; man will sich auch mal über Pläne aussprechen und über das, womit man nicht zufrieden ist. In größeren OV'en hat die Erfahrung gezeigt, daß DL's und DE's dazu gern getrennt von den anderen zusammenkommen, da sie meist Probleme anderer Art als die Anfänger und Nicht-DE's haben, die dann auch unter sich sein können.

R) Exkursionen, Besuche, gemeinschaftlich oder in Gruppen

a) interessanter Stationen,

b) industrieller Anlagen und Fabriken,

c) Funkstationen, Rundfunk, Postanlagen (evtl. über VFDB),

d) Ausflüge mit Funkgerät für Empfangs- und Meßzwecke,

e) Besichtigung von Werkstätten und

f) technische Anlagen anderer Art zur allgem. Weiterbildung.

S) Arbeitsräume für die OM, die zu Hause nicht bauen dürfen (QRM mit Vermietern!), bei größeren OV'en mit eigener Werkstatteinrichtung; Werkzeug- und Material-Ausgabe; Kellerraum eines OM, Bunker- oder Schulraum.

T) Sondergruppen: Technik; 2 m-Gruppe; 10 m-Gruppe; Entstörtrupps; Antennen-Meßtrupps; Jugendgruppe. Regelmäßige Berichte am OV-Abend (und evtl. im DL-QTC).

U) Schriftführer: kurze Notizen, manchmal sehr nötig, gelegentlicher Bericht für das DL-QTC.

V) Sommer-Ausflüge mit YL's, XYL's und Harmonischen zur Vertiefung der Freundschaften; Zeltlager; Wasserfahrten; Bergfahrten mit und ohne Gerät.

W) VFDB-Zusammenarbeit sollte uns in immer größerem Maße interessieren, denn auch bei der Post sitzen OM, die gleiche Ziele, gleiche Sorgen haben und oft auch aus unseren Reihen hervorgegangen sind. An manchen Orten sind die gemeinsamen Veranstaltungen schon üblich, sie sollten noch mehr gepflegt werden. Beide Teile können dazu beitragen, damit ein gutes, kameradschaftliches Verhältnis entsteht.

X) Besuche aus dem Ausland und aus anderen OV'en sollte man immer zum Anlaß nehmen, einen netten Verlauf des Abends zu erzielen. Es sollen aber keine 'Potemkinschen Dörfer' gezeigt werden; natürlich bleiben, wie es immer ist; aber eine kleine Begrüßungsansprache, mit etwas Humor gewürzt, schafft gleich die richtige Freunschaftsatmosphäre.

Y) In den größeren OV'en hat es sich schon eingebürgert, daß ein paarmal im Jahre kleinere Feste gefeiert werden, Feste, bei denen manchmal ein herzlich urwüchsiger Humor zutage kam. Überhaupt der Humor! Der OM hat oft eine ganze Menge davon mitbekommen; ich kenne Redner im OV, die es verstehen, selbst trockene Themen so mit kleinen humorvollen Einstreuungen zu versehen, daß es immer wieder Spaß macht, zuzuhören. Bedenken Sie bei allem, daß es sich bei uns um ein Hobby handelt, bei dem wir wohl erkennen, was unsere kleinen Schwächen sind. Wenn wir sie dann humorvoll bekennen, beweisen wir schon, daß wir darüber stehen.

Z) Die Distrikts-Versammlung ist eine der unbedingt nötigen Gelegenheiten, den Distrikts-Vorsitzenden mit seinen OV-Vorsitzenden, den DL's und denen, die es werden wollen, bekannt zu machen und seine persönlichen Meinungen mit anderen vergleichen zu lassen. Der DV als Betreuer einer größeren Anzahl von OV'en muß natürlich deren Nöte und Sorgen kennen, muß wissen, was die Mitglieder wollen; nur dann kann er im Amateurrat seinen Distrikt entsprechend vertreten. Die Distrikts-Versammlung muß also gut vorbereitet werden, das sollte schon auf den OV-Abenden beginnen durch Vorbesprechung der Tagesordnung und besondere Anträge mit allen Mitgliedern des OV's. Auch Wahlvorschläge für den DV sollten dabei erörtert werden, damit der OVV später auch dem OM seine Stimme geben kann, der nach Ansicht seiner Mitglieder die verantwortungsvolle Aufgabe des DV als Betreuer des Distrikts und dessen Interessenvertreter im Amateurrat am besten erfüllt. Andererseits muß der OV und das Mitglied aber auch wissen, daß im Amateurrat, wie im Parlament, die Stimmen aller DV gelten, und daß daher 'ihrem' DV kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn er von anderen überstimmt wurde.

Die Distrikts-Versammlung sollte wegen der weiteren Anreise auf ein Wochenende gelegt werden, wie es sich ja schon auch eingebürgert hat. Der OM will aber nicht nur Verbands-Angelegenheiten hören, er möchte auch aus berufenem Munde Technisches, DX-Erfahrungen usw. hören, möchte genügend Zeit haben, um mit anderen Kameraden zu sprechen. Den Abschluß mit einer kleinen Feier ist schon wegen der meistens anwesenden YL's und XYL's selbstverständlich. Es ist üblich geworden, die Distrikts-Zusammenkünfte ein- bis zweimal im Jahr stattfinden zu lassen.

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So, liebe OM, das Alphabet ist zuende, es gäbe zwar noch so manches dazu zu sagen, aber einen gewissen Überblick gibt das vorstehende schon. Manches werden Sie selbst schon so oder so ähnlich eingerichtet haben. Wenn ich Ihnen auch nur in einem Falle habe weiterhelfen können, ist der Zweck dieser Zeilen erfüllt. Es kann auch nicht schaden, wenn bei Ihnen erprobte weitere Einrichtungen auch der Allgemeinheit bekanntgegeben werden können. Schreiben Sie deswegen bitte ggfs. an die Geschäftsstelle zwecks Bekanntgabe im OV-Rundschreiben.

Ich habe mich heute auf die Besprechungen der Einrichtungen im OV beschränkt. Wenn weitere Themen (wie z.B. 'Wie leite ich eine Versammlung' - 'Vom Umgang mit der Presse' - 'Wissenschaft und Amateurwesen' - 'Von Tagungen und Distriktsversammlungen' - 'Rechtsfragen beim Amateur' - 'Amateur und VDE-Bestimmungen' - 'Der QSL-Dienst im DARC' - 'Der Entwurf der QSL-Karte' - 'Artikel für das DL-QTC und ihre technisch richtige Aufmachung' - 'Das Interesse des Amateurs an der Funkordnung und die Hilfe der Bundespost dabei' - 'Entstörtrupps im DARC' -, um nur ein paar zu nennen) gewünscht werden, schreiben Sie auch das. Im Club haben wir sicher geeignete Mitarbeiter, die auch zu diesen Themen etwas zu sagen haben, Themen, die den OVV und auch manches Mitglied interessieren sollten.


Für heute viele 73 es best DX
Ihr
gez. R. Rapcke, DL1WA

Hamburg, den 15.11.1951


Reprint: DC7XJ


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