DARC e. V. Vorstandsinformationen vom 14.10.1998

Thema: Stellungnahme des DARC e. V. zur Vfg. 73/1988


Der DARC e. V. begrüßt die beabsichtigte Frequenzzuteilung zum Zweck der einseitig gerichteten Übertragung von Rundfunksignalen in Kabelnetzen bzw. öffentlichen und privaten Verteilanlagen, weil mit den darin festgelegten einschränkenden Bedingungen ein Beitrag zur Wahrung der Interessen der öffentlichen Sicherheit getroffen wird, der mittelbar auch dem Amateurfunkdienst zugute kommt. Aufgrund nicht ausreichender Schirmung der Verteilanlagen und Endgeräte kann die Nutzung der dem Amateurfunkdienst primär zugewiesenen Frequenzbereiche (144–146 MHz und 430–440 MHz) durch die Sonderkanäle S6 und S38 beeinträchtigt werden.

Auf die Probleme, die in dieser Verfügung deutlich werden, hat der Deutsche Amateur Radio Club e. V. seit den ersten Pilotversuchen mit dem Kabelfernsehen im Jahre 1984 wiederholt hingewiesen. Die Politik, hier vertreten durch die Medienanstalten der Bundesländer, wollte jedoch die Attraktivität der Kabelnetze durch möglichst hohe Kanalzahlen steigern. Die Deutsche Bundespost (DBP) glaubte nicht an die Beeinträchtigung terrestrischer Funkdienste durch Ausstrahlungen aus den Kabelanlagen oder war der Meinung, man könne dies technisch lösen. Gleichzeitig ließ jedoch die DBP die vereinfachte Umstellung alter Antennenanlagen für die Anschaltung an das BK-Netz zu, ohne auf der sofortigen Einhaltung von notwendigen Schirmungsmaßen zu bestehen. Durch die Belegung des Sonderkanals S6 wurde der Amateurfunk besonders in jenen Orten hart getroffen, in denen der Tonkanal von S6 mit einem Amateurfunkrelais auf der Frequenz 145,750 MHz kollidierte. Erfreulicherweise konnte diese Störung häufig auf lokaler Ebene durch einen Frequenzversatz des Tonträgers 1 von S6  reduziert werden. Andere Probleme sind jedoch geblieben. In einer zunächst internen Stellungnahme hat der DARC vor allem zwei Schwachstellen der Kabelverteilanlagen herausgestellt:

Immunität

Die in der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung vom 18.07.1997 in den Fußnoten 34–36 genannte Immunität von 114 dB (µV/m) entspricht umgerechnet einer zulässigen Störfeldstärke von lediglich 0,5 V/m. In einem Umfeld, in dem für elektrische und elektronische Geräte allgemein eine Immunität von wenigstens 3 V/m gefordert wird, ist eine Kabelverteilanlage daher ungewöhnlich empfindlich gegen elektromagnetische Felder terrestrischer Sendeanlagen. Die im VHF/UHF-Bereich sehr verbreiteten Sender mit 6 W Ausgangsleistung müßten von einer solchen Kabelverteilanlage rechnerisch immer einen Mindestabstand von 30 m wahren. Vor allem mobile Funkdienste können das in der Praxis nicht einhalten. Ferner können Amateurfunkstellen  Frequenzen der Sonderkanäle in Häusern, deren Kabelanlagen nur die Minimalanforderungen einhalten, überhaupt nicht benutzen, ohne den Empfang in der Kabelanlage zu beeinträchtigen. Die Aussage in der Vfg 73/1998, daß eine ungestörte Fernsehversorgung auf Sonderkanälen nicht garantiert werden könne, ist damit eindeutig belegt. Aus dem gleichen Grund konnte die Einführung neuer terrestrischer Funkdienste wie ERMES in der Bundesrepublik Deutschland mit Rücksicht auf den Sonderkanal S10 bisher nur mit einschneidenden Auflagen erfolgen. ERMES ist daher über das Versuchsstadium nicht hinausgekommen und wurde eingestellt.

Störstrahlung

Die den Kabelverteilanlagen zugestandene maximale Störstrahlungsleistung von 20 dBpW (unterhalb von 1 GHz) ist je nach ihrer spektralen Dichte mit handelsüblichen Amateurfunkgeräten und -antennen noch in beachtlicher Entfernung aufzunehmen. Nutzung und Reichweite dieser dem Amateurfunk exklusiv zugewiesen Frequenzen wurden dadurch erheblich eingeschränkt. Die Mindestfeldstärke für Mobilfunkgeräte von 30 dB(µV/m) wird jedoch selbst in nur 10 m Entfernung nicht erreicht (insofern war der zulässige Störstrahlungspegel korrekt gewählt). Da Mindestfeldstärken im Amateurfunk unbekannt sind, hat dies zu beträchtlichen Irritationen geführt, und viele terrestrisch hörbare Fernsehsignale haben daher zu Störmeldungen der Funkamateure geführt.

Das große Problem der Kabelverteilanlagen liegt jedoch darin, daß sie sich de facto vom Übergabepunkt im Haus ab (in den Netzebenen 4 und 5) in den Händen von Laien befinden. Diese können eine etwaige Beschädigung des Kabels oder seines Schirmes nicht wahrnehmen, solange keine deutliche Beeinträchtigung des Empfangs erkennbar ist. Häufig erfolgt die Verbindung zwischen Anschlußdose und Endgerät mit nicht oder nicht ausreichend geschirmten Leitungen. Die dabei austretende erhöhte Störstrahlung kann auf den Sonderkanälen bei terrestrischen Funkdiensten zu nicht hinnehmbaren Störungen führen. Juristische Definitionen, wem die technische Verantwortung dieser Kabelebenen obliegt, haben in den bisher verstrichenen Betriebsjahren zu keiner befriedigenden technischen Lösung geführt. Der tiefere Grund liegt vielleicht darin, daß zwei wichtige Elemente des Kabelfernsehens in krassem Gegensatz zueinander stehen: Das Verlangen der Nutzer nach preiswerten, konsumgerechten Lösungen und  der erforderliche hohe technische Aufwand, um Kollisionen mit terrestrischen Funkdiensten zu vermeiden.

Fazit

Das terrestrische Frequenzspektrum wird allgemein als ein kostbares, nicht beliebig vermehrbares Gut betrachtet. Der verständliche Wunsch, in Kabeln wenigstens ein Teil dieses Spektrums ein weiteres Mal freizügig nutzen zu können, ist auf der Basis von Kupferkabeln nicht zu realisieren, wie die angeführten und bislang ungelösten Probleme deutlich zeigen. Einerseits ist die erzielbare Schirmdämpfung bei Hausverteilanlagen von ca. 80 dB zu gering, andererseits ist die Regulierungsbehörde überfordert, wenn sie bundesweit und permanent die Einhaltung der technischen Parameter bei Hausverteilanlagen überwachen sollte.

Mindestens sollte daher der Endverbraucher durch den Betreiber des Netzes über die fachliche Installation und Wartung aufgeklärt werden. Unser Vorschlag geht dahin, dies als weitere Bedingung für die Zuteilung der Frequenzbereiche für die Sonderkanalbetreiber in der beabsichtigten Verfügung aufzunehmen.

Wir unterstützen insgesamt nachhaltig die Bestrebungen der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, die Benutzung der Sonderkanäle strengen Regelungen zu unterziehen und in den Frequenzbereichen, in denen es bisher zu massiven Kollisionen mit terrestrischen Funkdiensten (Flugfunk, BOS, Amateurfunk) gekommen ist, die Nutzung dieser Frequenzen in Kabelnetzen künftig zu untersagen.

Außerdem sind wir der Meinung, daß nach dem heutigen Stand der Technik die Nutzung der Sonderkanalbereiche in Kabelnetzen nicht mehr erforderlich ist, da im Hyperband genügend Kanäle zur Verfügung stehen und den Nutzern durch kostengünstige Möglichkeiten des Satellitenempfangs alle überregionalen Sendungen zugänglich sind.


Diese Vorstandsinformation wurde erstellt von Hans-Joachim Brandt, DJ1ZB, unter Mitwirkung von Frau Volmer und G. Schupp, DL6IM.

VY 73 de Jochen Hindrichs, DL9KCX


Ende der Vorstandsinfo vom 14.10.1998

Archiv-Bearbeitung: DC7XJ

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Inhalt 1998 Rundspruch-Archiv