Liebe YLs, XYLs, SWLs und OM,
das bereits in einigen Fachzeitschriften vorgestellte Verfahren, Sprache über
Stromleitungen, d. h. Zweidraht-Leitungen, zu übertragen, ist nur eine von derzeit
vielen Versuchen, im Rahmen der Liberalisierung im Fernmeldewesen bereits vorhandene Kabel
und Leitungen für moderne Telekommunikationsverfahren zu nutzen. Jeder Betreiber solcher
Einrichtungen, sei es die Telekom, private Telefongesellschaften oder selbst die
Stromversorger in Europa wie in den USA stellen solche Überlegungen an und lassen die
Techniken vorbereiten. Ebenfalls denkt man daran, in Gebäuden alle möglichen
Schaltvorgänge nicht mehr mit üblichen verdrahteten Schaltern, sondern mit Bussystemen
zu steuern.
Allen diesen Einrichtungen ist gemeinsam, daß die verwendeten Kabel und Leitungen ursprünglich für solche Aufgaben nicht gedacht waren und bei der Beaufschlagung mit hohen Datenraten, die de facto Hochfrequenzcharakter haben, wie Antennen strahlen. Um das zu legalisieren, wird in CISPR derzeit eine provisorische Erhöhung der Störstrahlung von Fernmeldeleitungen für den Frequenzbereich 630 MHz um 10 dB über den Werten der Norm EN55022 durchgesetzt, begünstigt durch die Tatsache, daß es bisher international überhaupt keine Norm über die Störstrahlung von Fernmeldeleitungen gab.
In Deutschland und auch in CENELEC haben sich diverse Funknutzer, Funkgerätehersteller und auch der DARC bisher vergeblich dagegen gewehrt.
Deutschland hatte bis Ende 1995 eine eigenständige nationale Norm zur Begrenzung der Störstrahlung von Fernmeldeleitungen. Mit dem Beginn des freien Warenverkehrs in Europa gilt diese Norm nicht mehr. Mit Fall des Telekommunikationsmonopols der Telekom werden ab 1998 auch andere Betreiber in Deutschland tätig, die aus Wettbewerbsgründen die derzeitigen Bedingungen voll ausschöpfen wollen.
Die neue Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) ist sich der Gefahren, die mit diesen Verfahren den Anwendern des Funkspektrums drohen, durchaus bewußt. Auch in anderen Bereichen der Telekommunikation mehren sich Berichte, daß die derzeitigen Normen nicht immer ein störungsfreies Nebeneinander verschiedener Telekommunikations- und Nichttelekommunikationsgeräte sicherstellen. Aus diesem Anlaß wurde vor kurzem in der RegTP im Ausschuß für Technische Regulierungen in der Telekommunikation (ATRT) eine Arbeitsgruppe Verträglichkeit in der Telekommunikation (AG EMV-Verträglichkeit) gegründet, in dem alle draht- und kabelgebundenen und Funk benutzenden Telekommunikationsbetreiber vertreten sind, ebenso Versicherungen und Stromversorgungsunternehmen, auch der DARC. Diese Arbeitsgruppe wird aber wohl erst dann wirklich Erfolg haben, wenn auch andere europäische Länder die Notwendigkeit zu einer solchen Einrichtung sehen.
Gern wird gesagt, das Funkspektrum sei ein kostbares, nicht vermehrbares Gut. Deshalb wird versucht, das Gegeneinander von Nutz- und Störsignalen extrem auszureizen.
Die RegTP in Deutschland ist überfordert, wenn man von ihr erwartet, der Tugendwächter einer idealen störungsfreien Telekommunikation in Deutschland zu sein. Im Gegensatz zu früher muß sie zudem die europäischen Gemeinsamkeiten beachten. Was der einzelne Funkamateur in dieser Situation tun kann, ist, sich nicht nur auf den Bändern über die vielen festgestellten Störungen auszulassen, sondern in jedem Fall auch eine konkrete Störmeldung an die RegTP einzusenden, wenn davon auszugehen ist, daß sie durch solche Datenübertragungen verursacht sind. Eine Durchschrift solcher Störungsmeldungen sollte auch an die Geschäftsstelle des DARC Technische Verbandsbetreuung Stichwort: 10 dB über EN55022 geschickt werden, so daß von dort aus das entsprechende Normungsgremium informiert werden kann.
Der DARC wird auch auf diesem Bereich alles tun, um in den entsprechenden Gremien die Interessen des Amateurfunks zu vertreten.
Diese Vorstandsinformation wurde erstellt von DJ1ZB.
VY 73 de Jochen Hindrichs, DL9KCX
Ende der Vorstandsinfo vom 19.02.1998
Archiv-Bearbeitung: DC7XJ
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