Vorstandsbericht

zur DARC-Hauptversammlung
am 16. und 17. Mai 1998 in Staffeistein


Liebe Freunde,
ein Jahr ist dieser Vorstand nun im Amt. Nie ist in so kurzer Zeit so viel geschehen und nie hat sich die Welt des Amateurfunks so geändert.

Zwölf Monate ständiger Herausforderung aller unserer Kräfte, Ereignisse voller Spannung und Hektik liegen hinter uns. Aber wir haben eine Bilanz vorzuweisen, die sich sehen lassen kann.

Wir konnten unser eigenes Amateurfunkgesetz bewahren und darüber hinaus Verbesserungen erzielen. So werden wir künftig ein Anhörungsrecht bei gesetzlichen Änderungen nutzen können und mit dem Ausbildungsfunkverkehr eine neue Qualitiät der Schulung unseres Nachwuchses haben.

Erreichen konnten wir eine Ermächtigung im Amateurfunkgesetz für eine eigene, auf die Erfordernisse des Amateurfunkdienstes abgestellte Störfallregelung, gegebenenfalls als Ergänzung einer generellen Störfallregelung des neuen EMVG.

Es war aber auch unabwendbar, im Amateurfunkgesetz eine Regelung für den Schutz von Personen in elektromagnetischen Feldern vorzusehen. Wir stehen zu dieser Verantwortung. Die Amateurfunkverordnung ist liberaler geworden und bringt uns mit der Einsteigerzeugnisklasse neue Chancen der dringend notwendig gewordenen Verbesserung in der Nachwuchsgewinnung.

Mehr Liberalität heißt auch Risiken, wenn das Element der Selbstregulierung im Amateurfunkdienst überfordert ist und durch bessere Rahmenbedingungen seitens der Behörde nicht gestützt wird.

Die Art und Weise, wie wir miteinander auf den Bändern und in PR umgehen, sowie immer wieder zu beklagendes Fehlverhalten, ja sogar Mißbrauch machen uns zunehmend Sorgen.

Wir müssen noch Verbesserungen bei der nächsten Novellierung der Amateurfunkverordnung durchsetzen, die uns abgelehnt wurden, und die bisher geltendes Recht waren. Weiteres kann hinzukommen, denn die rechtliche Entwicklung hinkt der technischen Entwicklung hinterher.

Der Schutz von Personen in elektromagnetischen Feldern in der Verfügung 306197 ist so geregelt, daß wir damit leben können. Unsere Forderungen konnten alte durchgesetzt werden. Am 18. Juni wird es um Details bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post gehen.

Der Schutz der Gesundheit von HSM-Trägern ist auch unser oberstes Gebot. Ihr Schutz durch die Verfügung 307197 ist unvollständig und besteht nur scheinbar. Unsäglich überreguliert und sachlich nicht nachvollziehbar sind die Einschränkungen für den Amateurfunk durch die HSM-Grenzwerte. Wir nehmen das so nicht hin.

Doch unsere Strategie hat bereits in ersten Verbesserungen gegriffen. Wir müssen einen langen Atem haben. Es kann aber keine Rede davon sein, daß der Amateurfunkdienst hierdurch existentiell gefährdet ist.

Das Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten bindet den Funkamateur als fachlich anzuerkennende Person mit ein, nimmt uns von unsinnigen Regelungen aus und hat eine ausreichende Regelung für Selbstbaugeräte und Bausätze.

Wir haben die Chance – und das ist auch unser Verdienst – daß eine sozialadäquate Störfallregelung im EMVG möglich wird. Wir werden daran beteiligt. Unsere Vorschläge haben Chancen, umgesetzt zu werden.

Noch stehen Verbesserungen in der Verfügung 306/97 im Bereich HSM-Grenzwerte, der Frequenznutzungsplan, der wohl erst nach den Bundestagswahlen zu erwarten ist und die Klärung vieler Detailfragen aus.

Doch bereits jetzt können wir sagen: der DARC hat

· durch seinen Einsatz,
· seine umsichtige Politik,
· gemeinsam mit seinen ehrenamtlichen Helfern,
· dem Amateurrat,
· dem AR-Sprecher
· den engagierten Mitarbeitern in der Geschäftsstelle
· und schließlich gemeinsam mit unserem Geschäftsführer
· über den RTA und
· mit dem RTA erreicht,

daß der Amateurfunkdienst in der dramatischen Umgestaltung der Telekommunikationsumwelt in Deutschland und in Europa

· seinen Platz nicht nur auf Jahrzehnte hinaus hat sichern, sondern
· seine Möglichkeiten auch noch verbessern und
· in den kritischen Bereichen maßvolle Regelungen erzielen können.

Daß wir auf der europäischen Ebene in direkten Kontakten in Brüssel und in Zusammenarbeit mit unseren Freunden der IARU und in der EUROCOM die Rahmenbedingungen ganz erheblich positiv haben mit beeinflussen können, ist Ergebnis konsequenter Lobby-Arbeit und Arbeit in der IARU.

Daß wir alle dies gemeinsam erreicht haben, sollte Anlaß sein, auf unsere Kräfte stolz zu sein.

Wer eine solche Gemeinschaftsleistung vorweisen kann, kann voller Selbstbewußtsein und Zuversicht in die eigenen Kräfte auch die Probleme des Clubs angehen, die wir jetzt ebenso konsequent und erfolgreich lösen müssen.

Die Vorboten zeigen, daß wir den Weg bereits beschritten haben und dabei sind, dies zu tun.

Nie hat sich in den letzten Jahren der DARC so deutlich und so sichtbar gewandelt.

Haben wir nicht eine CQ DL, um die uns andere europäische und fast alle außereuropäischen Verbände noch mehr beneiden als bisher? Ist sie nicht interessanter, aktueller, pfiffiger, ja manchmal auch frecher, farbiger, informativer, kurzum einfach viel besser geworden?

Leserbriefe, Anrufe und die Gespräche auf den Bändern belegen dies deutlich.

Die professionelle Darstellung des DARC im Internet entwickelt sich stürmisch und wird als neues Medium angenommen, kaum daß sich die ersten Links auf dem Bildschirm anklicken lassen. Der DARC hat die Wichtigkeit dieses Mediums begriffen und wird dadurch Vorteile haben.

Es wird nicht so sein, daß das Internet dem Amateurfunk schaden wird. Weder das Radio, noch das Fernsehen, noch das Handy haben das schaffen können. Oder habt Ihr schon jemals jemanden berichten gehört, er habe mit seinem Handy ein neues Land gearbeitet?

Wir haben in der Politik und Verwaltung wiederum viel Vertrauen gut machen können und der RTA ist als Institution der Funkamateure, der für eine demokratische Meinungsbildung steht, nicht mehr wegzudenken.

Es ist aber auch mehr als deutlich geworden, daß hinter dem Erfolg des DARC die faire und qualifizierte Sacharbeit des DARC steht. Wie schnell aber diese Leistungsfähigkeit gefährdet werden kann, haben Vorgänge beim Wechsel des Vorsitzes gezeigt, die ich persönlich nicht für möglich gehalten habe.

In der IARU wird der DARC neben die bisherige repräsentative Arbeit eine konzeptionell langfristig angelegte Vorbereitung der nächsten IARU-Region-1-Konferenz stellen.

Die IARU soll personell mit zusätzlich vier weiteren Mitarbeitern des DARC zur Entsendung in die verschiedenen internationalen Gremien unterstützt werden. Wir werden weitere unterstützende Maßnahmen verabreden. Hierzu haben wir den IARU-Region-1-Chairman, Lou van der Nadort, PAØLOU zu unserer nächsten Vorstandssitzung des DARC eingeladen. Wir haben erfolgreich hochqualifizierte Kräfte für die Geschäftsstelle gewinnen und in kurzer Zeit einarbeiten können. Ohne die ständig verfügbaren, auf den Termin punktgenauen, innovativen und lösungsbezogenen Leistungen der juristischen und technischen Verbandsbetreuung hätten wir in der bisher einmaligen Kombination mit dem Ehrenamt unsere Probleme und Aufgaben nicht lösen können.

Jetzt sind die Arbeitsvoraussetzungen noch günstiger geworden. Wir konnten uns nach einem selbstorganisierten Umzug, der in seiner Effektivität den Profis in keiner Weise nachsteht, im neuen Gebäude optimal einrichten.

Synergieeffekte und Kosteneinsparungen werden gemeinsam mit der Redaktion und unseren Töchtern möglich sein. Alles ist nun an einem Ort untergebracht. Wir haben nunmehr Raumreserven, welche es uns erlauben, kurzfristig neue Leistungsbereiche zu belegen.

So sehr wir auf das Erreichte stolz sein können, so sehr ist deutlich geworden, daß wir, was die Leistungsfähigkeit des Ehrenamtes betrifft, auf deutliche Grenzen gestoßen sind.

Nicht daß wir keine qualifizierten Kräfte hätten. Doch immer dann, und das wird immer mehr die Regel, wenn wir auf die uns von außen gesetzten Zwänge und Termine reagieren müssen, muß eine Leistung sofort und absolut sachgerecht und in vielen Fällen, was die Qualität betrifft, zur Spitzenklasse gehörend, erbracht werden.

Daher sind besonders im Bereich Normen, EMVU, EMVG und Koordinierung zunehmend hauptamtliche Kräfte vonnöten, deren Leistungspotential wir um die vielfältigen Möglichkeiten des Ehrenamtes ergänzen werden.

Die Finanzen des DARC lassen dies zu. Sie sind in Ordnung und eine Beitragserhöhung ist auf absehbare Zeit kein Thema. Die Töchter des DARC haben marktbedingte Einbrüche gut verkraften können, sie machen Gewinne. Neue Projekte sind erfolgreich oder lassen auf eine weitere gute Entwicklung schließen.

Hier ist noch mehr zu tun.

In meinen Statements zur Wahl des neuen Vorstandes vor einem Jahr habe ich die Notwendigkeit des Konsenses zwischen allen Beteiligten in unseren existentiell wichtigen Fragen herausgestellt und den Vorstand als eine Art Konsensmaschine bezeichnet, insbesondere was das Verhältnis Amateurrat zu Vorstand betrifft. Dieser Konsens und der davon ausgehende innere Friede war und ist die Grundlage unseres bisherigen gemeinsamen Erfolges.

Vieles hat sich naturgemäß zwischen dem AR-Sprecher und dem Vorsitzenden, dem Vorstand selbst, der neuen Linie im Vorstand mit der Erweiterung der ständigen Gäste in den Vorstandssitzungen um den Redaktionsleiter der CQ DL, um den Geschäftsführer der Töchter und einer ständigen Protokollführerin abgespielt.

Wer aber meint, in dieser Zusammenarbeit zwischen dem Vertreter des AR, nämlich dem AR-Sprecher und dem Vertreter des Vorstandes, nämlich dem Vorsitzenden, eine Vermischung der Verantwortlichkeiten sehen zu müssen, der hat überhaupt nicht verstanden, wie unter Wahrung der jeweiligen Interessen und Verantwortungen in den beiden Ämtern erfolgreich für und im DARC gearbeitet werden kann und auch gearbeitet worden ist.

Alfred, ich danke Dir für alles, was wir erreichen konnten – Du hast mir manche schlaflose Nacht bereitet und ich Dir auch! Ich fürchte, es wird sich daran nichts ändern!

Vieles ist schwieriger geworden, wir haben aber unsere Kräfte – bis über die Belastbarkeit hinaus – nicht geschont und eine ungeheuere Kraftprobe bestanden.

Ich danke allen, den Referenten, den Stabsleadern mit allen Mitarbeitern, der Redaktion unserer CQ DL, den Mitarbeitern in unserer Geschäftsstelle und unserem Geschäftsführer.

Besonderen Anlaß habe ich, die von unserem ARDF-Referat durchgeführte Weltmeisterschaft im Amateurfunkpeilen in St. Englmar durch einen herausragenden Dank an die Organisatoren und Finanziers hervorzuheben. Wir haben damit unsere Internationale Reputation als großer und leistungsfähiger Verband ganz einmalig unter Beweis stellen können.

Ich danke besonders Dir, lieber Walter, und Dir, lieber Jochen, die Ihr neben Eurem QRL einen Einsatz und eine Leistung vollbracht habt, die Maßstäbe setzt.

Es ist Halbzeit und was wir uns für die zweite Hälfte unserer Wahlperiode vornehmen müssen ist vielfältig und schwierig genug.

Bald werden wir auch vor wesentlichen Zukunftsentscheidungen stehen, die unser Verhältnis zu unserem Selbstverständnis zum Amateurfunkdienst auf die Probe stellen. Ich erinnere an die aktuelle Diskussion um die Verknüpfung unserer Amateurfunkstellen mit dem Internet.

Ich erinnere an die Entscheidung darüber, wie ein internationaler Konsens über den Zugang zur Kurzwelle vom DARC entscheidend mitzubestimmen ist so wie auch über andere Fragen, wenn der Amateurfunkdienst auf der WRC 2001 auf dem Prüfstand stehen wird.

Doch zunächst wird Im Vordergrund der täglichen Arbeit die Festigung des Erreichten stehen, die Klärung vieler offener Fragen und schließlich die Verfolgung unserer Interessen bei der Stellungnahme zum Frequenznutzungsplan, der Störfallregelung und vor allem die Verbesserung der Situation im Bereich der HSM-Grenzwerte.

Wir haben entgegen anderer Vereine nicht mit einer Austrittswelle zu kämpfen. Wir haben kein Austrittsproblem sondern ein Eintrittproblem. Es liegt in unserer Hand, wie wir die uns nunmehr zur Verfügung stehenden neuen Möglichkeiten nutzen werden.

Vorstand, Referate, Distrikte und Ortsverbände sind aufgerufen, mit den Möglichkeiten der Einsteigerklasse, des Ausbildungsfunkverkehrs, der Nutzung unserer Homepages und der Ansprache neuer Zielgruppen unsere Mitgliederzahl nachhaltig stabilisieren.

Wir müssen unseren Verband jünger machen und vor allen Dingen unseren neuen Freunden das „rüberbringen“ was den Kern des Amateurfunks bedeutet.

Neue Funkamateure, die wir für die Einsteigerzeugnisklasse ausbilden müssen vor allem neue Funkamateure im DARC werden, wenn wir für die Zukunft gut gerüstet sein wollen.

Wir dürfen uns als größter Verband nicht ausschließlich auf uns selbst besinnen. Unsere Verantwortung geht weiter. Daher müssen wir uns sowohl nach innen als auch nach außen wenden. Es gibt das Schlagwort, der DARC möge sich nach außen öffnen. Darunter muß man drei Dinge verstehen:

zum Ersten müssen

zum Zweiten haben wir

zum Dritten

Die Strukturen der anderen nichtkommerziellen Funkanwender und die gemeinsamen Interessen einschließlich auch der Interessengegensätze innerhalb dieser Gruppen sind noch nicht sehr ausgeprägt. Sie werden sich aber mit Sicherheit in dem Maße einstellen, wie das Frequenzspektrum für uns alle immer knapper wird.

Es ist klug, hier weitsichtig zu handeln, damit wir, die wir zahlenmäßig nie an die anderen heranreichen, bereits jetzt Kontakte pflegen und Regeln im Umgang miteinander entwickeln.

Die Gründung eines gemeinsamen Verbandes wäre heute und aus heutiger Sicht voreilig.

Aber gelebte Regeln im Umgang miteinander werden vermeiden helfen, daß man uns nicht gegeneinander ausspielen kann, eine Situation, die wir schon einmal durchlebt haben und die uns aufzeigte, wie schnell sich Verhältnisse gegen uns entwickeln können.

Unser gemeinsames Haus, unsere Satzung muß auf den Prüfstand und grundlegend neu überdacht werden. Sie muß weitere Rahmenbedingungen schaffen, die es uns erlauben, unsere Kräfte schneller und besser zu mobilisieren.

Es tötet Schwung, Elan und Motivation unserer jungen Mitglieder, die sich für die Arbeit im Verband interessieren und Verantwortung übernehmen wollen, wenn ein Antrag von der Idee im OV über die Distriktsversammlung in die Mitgliederversammlung gut ein und ein halbes Jahr benötigen.

Der Durchgriff unserer dynamischen Jugend in die Entscheidungsgremien des Clubs und damit die Einflußnahme auf das Clubgeschehen muß direkter und schneller möglich werden, wenn es uns ernst ist, die Jugend für unseren DARC langfristig zu engagieren.

Wir brauchen die offene Diskussion, ohne Vorbehalte und ohne Vorverurteilung bestimmter Lösungen. Und wir müssen diese Diskussion selbst führen. Wir können sie nicht delegieren auf einen Arbeitskreis, auf den Vorstand oder sonst wohin. Wohl aber können Arbeitskreise, der Vorstand und die Ausschüsse des Amateurrates diese Diskussion vorbereiten, Vorentscheidungen treffen, Ideen verwerfen oder fördern.

Diesen Weg haben wir bereits beschritten. Ohne solche vorhergehenden Schritte ist eine solche Aufgabe nicht bewältigbar. Wie schwierig die ersten Schritte sind, haben wir bereits erleben können. Nicht nur dies: es ist ein langer Weg. Es ist ein steiniger Weg.

Aber wenn wir die Verantwortung für die Zukunft des Amateurfunks und die Zukunft unseres Club ernst nehmen, dann müssen wir ihn gehen. Jetzt, hier und heute.

Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.

DK9HU


Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


Inhalt 1998 Rundspruch-Archiv

OV-Info-Dienst 3/98