Liebe XYLs, YLs und OM,
hier ist DAØRC, am Mikrofon DL9MH. Ich begrüße Sie als Hörer des 3. Sonder-Rundspruchs
in diesem Jahr. Der Rundspruch wird, wie Sie gemerkt haben, von mir ab heute auf den
Frequenzen 3690 kHz in SSB, sowie auf 145,150 MHz in FM abgestrahlt. Er wird von
DK4EI live übernommen und auf ca. 7090 kHz in SSB übertragen. Die Übernahme und
Verbreitung auf weiteren Frequenzen ist ausdrücklich erwünscht. Der Inhalt dieses
Rundspruchs wird in Packet-Radio veröffentlicht.
Dieser Rundspruch hat ein aktuelles Thema: Der angekündigte Entwurf eines Amateurfunkgesetzes liegt vor.
Wir sollten diesen Diskussionsentwurf zunächst einmal einordnen. Es handelt sich um ein Arbeitspapier, das wir als Betroffene in einem sehr frühen Stadium erhalten haben. Damit hat uns das BMPT die Gelegenheit gegeben, im Zuge der Erarbeitung dieses Gesetzes zu einem Zeitpunkt Vorschläge zu machen, zu dem auf diese Vorschläge auch noch eingegangen werden kann. Der Arbeitsentwurf hat nämlich noch eine lange Entwicklung vor sich, auf die ich im einzelnen hier nicht eingehe, denn das haben wir bereits veröffentlicht. Das bedeutet aber auch, daß wir auch später noch einmal die Chance haben werden, unsere Meinung zu sagen.
Dann nämlich, wenn aus dem Arbeitsentwurf der Referentenentwurf und danach schließlich der Regierungsentwurf geworden ist. Dann wird es darauf ankommen, solche Änderungen doch noch zu erreichen, von deren Notwendigkeit wir unsere Gesprächspartner bis dahin nicht überzeugen konnten. Aber wir haben das Versprechen der Bundestagsabgeordneten, daß wir dann in einem Hearing dem Bundestagsausschuß für Post und Telekommunikation unsere Positionen eingehend darlegen und unsere Interessen zum Ausdruck bringen können. Und außerdem werden wir auch sonst jede Gelegenheit nutzen, unseren Standpunkt in Einzelgesprächen darzulegen.
Wenn ich gleich zu einigen Punkten des Diskussionsentwurfes komme, so in der Annahme, daß Ihnen allen klar ist, daß ich jetzt nicht die komplette Stellungnahme vorwegnehmen kann. Denn wenn wir jetzt schon alles wüßten und die Stellungnahme fertig hätten, dann wäre die ganze, aufwendige Beteiligung der Mitglieder ja eine reine Alibiveranstaltung. Aber einen ersten Eindruck, den kann ich natürlich vermitteln. Das hilft Ihnen auch dabei, unnötige Arbeit zu vermeiden. Denn wenn Sie wissen, was wir bereits in der Mache haben, brauchen Sie uns das schon nicht mehr mitzuteilen.
Ganz allgemein sollten Sie auch die Systematik des Ganzen im Hinterkopf haben: Das Gesetz steckt den Rahmen ab, der dann durch eine Durchführungsverordnung ausgefüllt und präzisiert wird. Im Prinzip geht es also bei der Beurteilung des Entwurfes darum: Wir müssen prüfen, ob das Gesetz die Regelungen ermöglicht, die wir für sinnvoll und nötig halten. Das soll es, aber möglichst auch nicht mehr. Denn eine weitergehende Regelungsermächtigung für den Verordnungsgeber muß zwar nicht, aber sie kann sich nachteilig für uns auswirken. Wir reden also im Prinzip hier nicht über Detailregelungen, sondern über Regelungsbereiche und Regelungsermächtigungen.
In diesem Sinne enthält der vorliegende Diskussionsentwurf nach Sachgebieten deutlich differenziertere Ermächtigungsgrundlagen gegenüber dem noch geltenden, bisherigen Amateurfunkgesetz. Das alte Gesetz enthielt in § 7 eine ganz pauschale Regelung mit einem großen Ermessensspielraum, die zur Durchführung des Gesetzes erforderlichen Vorschriften zu erlassen. Die vielen Beiträge über die angebliche Schlechterstellung der Funkamateure in Fällen von Störungen und störenden Beeinflussungen gegenüber der bisherigen Rechtslage sind in diesem Sinne alle Makulatur.
Das heißt nun allerdings nicht, daß der Diskussionsentwurf nicht aus unserer Sicht noch Pferdefüße enthielte. Er öffnet zwar die Tür zu manchen unserer Wünsche, wie zum Beispiel beim Ausbildungsfunkbetrieb, aber manches ist noch unklar, zweideutig oder ganz ungesagt und damit für uns potentiell gefährlich. Wir haben daher sehr eingehende rechtliche Prüfungen durch unseren Justitiar und andere Rechtskundige vornehmen lassen, die noch nicht zu einem abschließenden Ergebnis gekommen sind.
Ich nenne nun einmal einige Punkte, die so nicht bestehen bleiben dürfen.
>> Wir wünschen uns eine klare Verknüpfung unseres Amateurfunkdienstes mit den internationalen Regelungen in dem Internationalen Fernmeldevertrag und der VO-Funk. Dies schon deshalb, weil der Amateurfunk international ist.
>> Es hat in unseren Reihen zu erheblichen Irritationen geführt, daß der Begriff AmateurfunkDIENST nicht mehr vorkommt und sogar von einer FunkANWENDUNG die Rede ist. Wenn wir gefordert haben, daß die Essentiales des AFu unangetastet bleiben müssen, und der Minister uns erklärte, daß ich zitiere es auch in Zukunft keine gesetzlichen Regelungen zum Nachteil der Funkamateure geben wird, so sehen wir hier in der Verwendung des des Wortes Funkanwendung einen Widerspruch zu dieser Feststellung.
>> Auch die Einbeziehung des Amateurfunks in den Frequenznutzungsplan bedarf der weiteren Erörterung mit dem BMPT. So, wie wir die Dinge derzeit sehen, ist dieses Regelwerk für den Amateurfunkdienst ungeeignet und ich habe das in einer Stellungnahme für den RTA zum Ausdruck gebracht.
>> Nicht zuletzt angesichts der Vorkommnisse und Regelungen in der Hamburger Bauordnung halten wir es für notwendig, bei der Beschreibung des Begriffes der Amateurfunkstelle offen auszuweisen, daß hierzu eine Antenne gehört. Es muß klar dokumentiert sein, daß eine Antenne ein unverzichtbares Systemteil einer Amateurfunkstelle darstellt.
>> Die Trennung der bisherigen Lizenz in ein Amateurfunkzeugnis einerseits und die Zuteilung eines Rufzeichens andererseits kann interessante Möglichkeiten eröffnen. Ganz wesentlich ist dabei aber folgendes: Es muß sichergestellt sein, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf eine nicht entziehbare Sende- und Empfangsgenehmigung besteht. Erste Untersuchungen unseres Justitiars haben ergeben, daß dieser unser wichtigster Besitzstand nicht angetastet scheint. Es genügt uns aber nicht, wenn das nur so scheint. Es muß klar im Gesetz stehen. Dies ist bei dem Entwurf nicht der Fall.
>> Mit dem Verweis auf das EMVG steht uns womöglich eine komplette neue Störfallregelung ins Haus. Offensichtlich waren Überlegungen des BMPT maßgebend, daß Funkamateure von den für alle in Deutschland geltenden EMV-Anforderungen nicht mehr ausgenommen werden können. Die bisherige Prüfung hat ergeben, daß wir mit Verbesserungen rechnen können, aber auch, daß noch Einiges unklar ist und vor Abgabe einer Stellungnahmen mit dem BMPT geklärt werden muß.
>> Erwartungsgemäß wurde der Schutz von Personen in elektromagnetischen Feldern in den Entwurf aufgenommen. Damit wird die Voraussetzung für eine Amateurfunk-spezifische Behandlung dieser ganz besonders schwierigen Problematik geschaffen. Es kommt nun aber darauf an, daß für den Amateurfunkdienst eine Lösung geschaffen wird, die seinen besonderen Bedingungen im Funkbetrieb Rechnung trägt und die Eigenverantwortlichkeit des Funkamateurs beim Errichten und Betreiben seiner Amateurfunkstelle berücksichtigt.
>> Bei den Gebühren finden wir alle bisherigen einmaligen Gebühren wieder. Insoweit gibt es hier nichts Neues. Auch die laufende monatliche Gebühr wird weiter erhoben. Die im Entwurf ausgewiesene EMV-Gebühr ist nach Aussagen aus dem BMPT ein Schreibfehler. Es wurde vergessen, diesen aus einer Vorversion stammenden Punkt zu löschen. Aber es darf auch nicht sein, daß wir unsere Eigenbaugeräte extra prüfen lassen müssen.
>> Die Bußgeldhöhe wie auch die Tatbestände, die bußgeldbewehrt sein sollen, finden wir unangemessen, auch im Vergleich mit dem Verkehrsrecht. Hier verlangen wir deutliche Änderungen.
>> Im Entwurf wird mehrfach darauf verwiesen, daß Einzelheiten in Durchführungsverordnungen näher geregelt werden. Das ist, wie ich schon sagte, die Systematik des Regelungswerks. Aber der Teufel steckt im Detail, auch in diesem Fall. Wir tun uns schwer, unseren Standpunkt zu formulieren, wenn wir nicht wissen, was man im BMPT für die DVO vor hat. Da die dort zu treffenden Festlegungen uns einschneidend berühren können, versuchen wir in Gesprächen hierüber etwas vom BMPT zu erfahren, um gegebenen Falls unsere Stellungnahme entsprechend anpassen zu können. Erste Gespräche dieser Art haben bereits auf der Funkausstellung in Berlin stattgefunden.
Lassen Sie mich, liebe XYLs, YLs und OM, noch etwas allgemein zur Sache sagen. Ich erwähnte eben, daß das AFuG in seiner bisherigen Form einen sehr offenen Rahmen absteckt. Der hätte der Behörde bis zum heutigen Tage viele Möglichkeiten gelassen, uns Funkamateure mit ärgerlichen Bosheiten zu belegen. Das hat sie, von ganz seltenen Aktionen einiger Unterbehörden abgesehen, nicht getan. Und trotzdem werden BMPT und BAPT von vielen immer wieder als Gegner empfunden und bezeichnet. Warum eigentlich? Macht man nicht einen Fehler, wenn man gesellschaftlich notwendige Anpassungen an veränderte Situationen immer gleich als unzulässigen Eingriff in eigene Rechte und Besitzstände ansieht? Und dann auch noch unsachlich und emotional dagegen angeht? Und was kann einem ein solches Vorgehen Anderes bringen als Ablehnung? Was aus der Sicht des BMPT jetzt ansteht, ist im wesentlichen die notwendige Anpassung an eine geänderte EMV- und EMVU-Umwelt. Wir müssen darauf achten, daß dabei nicht die spezifischen Belange des Amateurfunks unter die Räder kommen. Aber es geht um sachlich begründete Veränderungen, nicht um Angriffe gegen den Amateurfunk.
Niemand verkennt, daß die allgemeine Neuregelung im Telekommunikationsrecht eine grundsätzliche Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen bedeutet, die den Amateurfunkdienst massiv treffen kann. Für das BMPT war es erkennbar keine leichte Aufgabe, sein uns gegebenes Versprechen einzulösen, uns das AFuG als Lex Spezialis zu erhalten und es gleichzeitig in dem großen Gesetzgebungswerk der Neuordnung der Telekommunikation so zu berücksichtigen, daß keine Widersprüche entstehen. Das scheint im Ansatz besser gelungen, als wir erwartet und befürchtet haben. Gleichwohl muß etliches noch verbessert werden. Daran arbeiten wir mit Ihrer Hilfe.
Wirken Sie über ihre Ortsverbände und Distrikte an der Erarbeitung der endgültigen DARC-Stellungnahme mit. Die Vorbereitungen hierzu sind angelaufen. Die vorgegebenen Zeiten sind zwar knapp bemessen, aber die bisher abgelaufenen Maßnahmen in einzelnen Ortsverbänden zeigen, daß eine Mitwirkung möglich ist. Wir haben versucht, den Zeitraum zu verlängern. Das erwies sich als nicht möglich, da die Termine für die Novellierung des AFuG fest eingebunden sind in die Terminfestlegungen der übrigen Gesetzesvorhaben im Telekommunikationsbereich.
Nun werden sicher manche immer noch fragen, ob das denn alles notwendig sei, wo wir doch ein so schönes AFuG haben. Dazu wiederhole ich noch einmal, was ich seit langem immer wieder sage: Unser schönes Gesetz werden wir ab 1998 nicht mehr haben. Diese Tatsache zu ignorieren, den Kopf in den Sand zu stecken, ist Vogel Strauß-Politik. Wer seine Argumentation darauf aufbaut, der kann seit mindestens einem halben Jahr nicht mehr ernst genommen werden. Die Neuordnung der Telekommunikation ist politisch beschlossen. Niemand wird uns fragen, ob uns das paßt. Man gibt uns aber die Chance, unsere Einordnung in die neue Telekommunikationswelt mit zu gestalten. Wenn wir die nicht wahrnehmen, dann werden wir so eingeordnet, wie andere das für richtig halten. So einfach ist das.
Dies, liebe XYLs, YLs und OM, wollte ich Ihnen heute zum Thema sagen. Und noch eins: Selbst wenn der Diskussionsentwurf ohne die von uns für erforderlich gehaltenen Änderungen Gesetz würde, was sicher nicht der Fall sein wird, stünden wir immer noch besser da als fast alle unsere Freunde in den Nachbarländern. Den Weltuntergang zu beschwören, wäre angesichts dieses Entwurfes absolut unangemessen. Aber natürlich wollen wir gemeinsam versuchen, etliches zu verbessern. Sie werden das Thema ja intensiv besprechen. Versuchen Sie dabei, unsere Bedeutung als Funkamateure realistisch einzuschätzen. Nicht Wunschvorstellungen bringen uns voran, sondern Realismus in der Sache. Wir sind weder allein auf der Welt, noch sind wir die Wichtigsten. Auch wenn wir uns manchmal so fühlen mögen.
VY 73, DL9MH
Ende des Sonder-RS 3/95 vom 03.09.1995
Archiv-Bearbeitung: DC7XJ
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