Y2-Rundspruch vom 01.04.1990


ÜBERSICHT:


INFORMATION ZUR ARBEIT DER BISHERIGEN GESCHÄFTSSTELLE DES RSV

Aus dem definitiven Beschluß des Außerordentlichen Verbandstages des RSV vom 24.03. (siehe Sondermeldung), am 27.04. aus der GST-VTSV auszutreten, ergeben sich einige Konsequenzen hinsichtlich der weiteren Arbeit der Geschäftsstelle des RSV.

Ab 28.04. ist die GST-VTSV nicht mehr für die Sicherstellung der Arbeiten in einer Geschäftsstelle des RSV zuständig. Mit diesem Tage stellen das bisherige Y2-Diplombüro und das Y2-QSL-Büro ihre Arbeit ein.
Die Funkwerkstatt und das Nachrichtentechnische Labor werden nach dem 28.04.90 aufgelöst.

Aus arbeitsrechtlichen Gründen wurden die Mitarbeiter der Geschäftsstelle in Abstimmung mit dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten unverzüglich über die mit Stichtag 27.04.1990 notwendig gewordene Aufhebung ihres Arbeitsrechtsverhältnisses mit der GST-VTSV informiert.

Eine für den 03.04.90 vereinbarte Konsultation des neuen Vorstandes mit den Verantwortlichen der bisherigen Geschäftsstelle zu Fragen der weiteren Sicherung der notwendigen Arbeiten, wurde vom Vorstand aus Termingründen kurzfristig abgesagt.

Am 30.03. wurde mit dem Präsidenten des RSV telefonisch abgestimmt, daß die Postbox 30 in 1055 Berlin als Adresse des Verbandes bestehen bleibt.

Nach Auskunft des neuen Vorstandes erfolgt Mitte April eine schriftliche Information an alle Mitglieder über die weitere Arbeit im RSV e. V.

An dieser Stelle bedanken sich die hauptamtlichen Mitarbeiter der bisherigen Geschäftsstelle bei allen Verbandsmitgliedern, die, zum Teil in vielen Jahren gemeinsamer Arbeit (Anm.: Drei Mitarbeiter arbeiteten länger als 25 Jahre für die Funkamateure der DDR) mit dazu beigetragen haben, daß trotz nicht immer guter Bedingungen der Amateurfunk der DDR lebte und internationales Ansehen genoß.


IARU-REGION-1-KONFERENZ

Heute beginnt in Toromelinos in Spanien die IARU-Region-1-Konferenz, die eine Woche dauert. Der RSV hatte für seine Vertretung auf der Konferenz drei Teilnehmer vorgesehen und dementsprechend Plätze gebucht, die später aufgrund der Situation im Verband sowie der Finanz- und Devisenlage storniert wurden. Wie vor Redaktionsschluß zu erfahren war, hat das neugewählte Präsidium sich kurzfristig zu einer Teilnahme entschlossen und wird mit zwei Vertretern präsent sein. Teilnehmen werden nach vorliegenden Informationen der Präsident Dr. Lothar Wilke, Y24UK, sowie der 1. Stellvertreter Dr. Horst Weissleder, Y23EK.


LEITUNG DES Y2-DIPLOM-BÜROS

OM Max Perner, Y21UO, teilte mit, daß er mit der Entlastung des bisherigen Präsidiums die Arbeit als Leiter des Diplombüros nicht mehr weiterführt. Als Grund gab OM Perner an, daß er, beruhend auf seiner jahrelangen Erfahrung einschätzen muß, daß die Beschlüsse des Verbandstages keine Basis für eine Arbeit im Sinne der Diplominteressenten bieten.


REAKTIONEN

Im Laufe der letzten Tage gingen der RS-Redaktion etliche schriftliche Reaktionen von Klubstationen und Kollektiven zu den Ergebnissen des Verbandstages zu. Sie alle (!) äußerten sich kritisch hinsichtlich der Entscheidung über einen Dachverband und der ungenügend genutzten Möglichkeiten der Einflußnahme auf Änderungen am Statut-Entwurf eines reformierten Dachverbandes (Bund Technischer Sport-Verbände). Die RS-Redaktion wurde nach Absprache mit dem neuen Präsidenten ermächtigt, stellvertretend für alle schriftlichen Zusendungen, folgenden Appell im Wortlaut zu publizieren:

Appell an alle Funkamateure der DDR

Im Ergebnis des Außerordentlichen Verbandstages des RSV vom 24.03., meldeten sich viele Funkamateure aus allen Teilen der Republik und brachten zum Ausdruck, daß sie mit dem gefaßten Beschluß zum Austritt aus dem Dachverband nicht einverstanden sind. Keinen Anlaß zur Kritik bilden die auf dem Verbandstag bestätigten Dokumente – Satzung, Geschäftsordnung und Wahlordnung.

Nach Meinung dieser Funkamateure werden die Delegierten des Außerordentlichen Verbandstages als nicht kompetent angesehen, zu diesem Zeitpunkt, eine für alle Funkamateure der DDR verbindliche Aussage zu einer Mitarbeit des RSV in einem Dachverband zu treffen. Die Begründung dafür ist:

  1. Der beim Verbandstag erstmalig vorliegende Entwurf des Statuts des BTSV (Bund Technischer Sport-Verbände) als zukünftiger Dachverband, wurde von der Mehrzahl der Delegierten, ohne ihn an der Basis bzw. auf dem Verbandstag diskutiert zu haben, abgelehnt. Ein Antrag, ein kompetentes Mitglied des RSV in die Statutenkommission des BTSV zu delegieren, mit dem Auftrag, den Entwurf des Statuts im Sinne des Radiosports zu beeinflussen, wurde ebenfalls mit Mehrheit abgelehnt.
  2. Die Delegierten des Verbandstages bestanden zu 96 % aus Genehmigungsinhabern der Klasse 1, d. h. Funkamateuren mit einer eigenen Funkstation zu Hause, die weder auf die Funktechnik einer Klubstation noch auf ein gutes Kollektiv zu ihrer Ausbildung angewiesen sind. Außerdem muß darauf hingewiesen werden, daß die im RSV auch vertretenen Interessengebiete wie Funkpeilen, Schnelltelegrafie und der gesamte Komplex Nachwuchsausbildung nicht mit eigenen Delegierten vertreten waren und deren Belange in den Diskussionen und Beschlüssen nicht berücksichtigt wurden.
  3. Mit dem auf dem Verbandstag gefaßten Beschluß zum Austritt aus dem Dachverband am Vortag des geplanten Sporttages, wird ab sofort eine 100%ige Eigenfinanzierung sämtlicher Tätigkeiten innerhalb des RSV notwendig. Diese Eigenfinanzierung besteht für eine nicht absehbare Zeit ausschließlich aus den Mitgliedsbeiträgen in Höhe von 10,– M pro Monat für Vollmitglieder. Mit einem auf dem Verbandstag vorgestellten Finanzierungsmodell ist als einzigste Dienstleistung des RSV die kostenlose QSL-Vermittlung realisierbar.

Nicht, oder nur stark eingeschränkt realisierbar durch einen selbständigen Radiosportverband sind:

Unter diesen finanziellen Bedingungen ist nicht einmal der Druck der RSV-Dokumente, geschweige denn eine langfristige Sicherung selbst eines Amateurfunkteiles in der Fachzeitschrift FUNKAMATEUR möglich.
Mit diesen stark eingeschränkten Möglichkeiten kann der in der Satzung formulierte Anspruch der – Gemeinnützigkeit – nicht realisiert werden und das bisher gute internationale Ansehen des RSV der DDR aufrecht erhalten werden. Viele Funkamateure aus der ganzen Republik erklären sich mit dem auf dem Außerordentlichen Verbandstag des RSV voreilig gefaßten Beschluß zum Austritt aus der Dachorganisation nicht einverstanden.

Wir schlagen vor:

  1. Den Beschluß zum "sofortigen" Austritt aus dem Dachverband NICHT anzuerkennen;
  2. Eine sofortige Mitarbeit in der Statutenkommission des zu gründenden BTSV mit dem Ziel, den Entwurf des Statuts des BTSV im Sinne eine attraktiven Radiosports zu beeinflussen;
  3. Die Diskussion des Statuten-Entwurfs des BTSV mit der Basis sofort zu beginnen und Rückmeldungen bzw. Änderungswünsche sofort an die Unterzeichner des Appells zu senden;
  4. Die Entsendung je eines Delegierten aus jedem Bezirk der DDR zum Sporttag am 28.04.1990, zur Diskussion und dem Beschluß des Statuts des BTSV;
  5. Nach Vorlage des beschlossenen Statuts eine Urabstimmung in Form einer Briefwahl, unter Einbeziehung aller Radiosportler der DDR, zum Verbleib in einer Dachorganisation durchzuführen. Zeitraum der Briefwahl wäre vom 29.04.–10.06.1990, da nach dem Entwurf des Statuts des BTSV eine Austrittserklärung der Sportverbände bis 30.06. des Jahres möglich ist.

Wir bitten alle Radiosportler der DDR, d. h. alle Funkamateure, Funkpeilsportler, Schnelltelegrafisten und unseren Nachwuchs diesen Appell durch ihre Unterschrift mitzutragen! Diese Willenserklärungen, mit Unterschrift und Rufzeichen, bzw. Angabe der Radiosportart, schickt Ihr bitte bis 20.04. an folgende Adresse:

Y25PO, B. Flemming, W.-Könen-Str. 19, Berlin 1153

Erstunterzeichner des Appells:

Y21GO, Lutz Elsner
Y51ZO, Gerold Reichenbach
Y22HC, Günter Broneske
Y55ZO, Siegfried Schreiber
Y25PO, Bernhard Flemming
Y77VN, Olaf Öhme
Y47PO, Udo Rahn
Y31HO, Reinhard Schulz
Y51ZE, Roland Stange


ZUR NEUEN ANORDNUNG ÜBER DEN AMATEURFUNKDIENST

(Nach Informationen von OM Zenker, Y21FA)

Der Vorschlag (Text) der neuen Anordnung über den Amateurfunkdienst in der DDR geht davon aus, daß jeder in der DDR wohnhafte Bürger ein Recht auf die Erteilung einer Amateurfunk-Genehmigung hat, wenn er einen Antrag an die Deutsche Post stellt, das 18. bzw. 14. Lebensjahr vollendet und eine Amateurfunkprüfung bestanden hat. Mitbenutzer in der bisherigen Art soll es nicht mehr geben. Jeder Inhaber einer Amateurfunkgenehmigung soll sowohl seine eigenen Geräte wie auch die der Klubstation unter seinem eigenen Rufzeichen nutzen können. Der Vorschlag für die neue Amateurfunkordnung enthält folgende Klassen:

  1. Genehmigung mit vollem Umfang für alle Bänder, alle Sendearten, maximaler Leistung bei einem Telegrafieprüfungstempo von 60 BpM als KLASSE A. Diese Genehmigung ausschließlich für UKW und ohne Telegrafiekenntnisse als KLASSE B.
  2. Genehmigung mit Einschränkungen der Nutzung der Amateurfunkfrequenzbänder, der Sendearten, einer Senderleistung entsprechend dem Transceiver „Teltow“ bei einem Telegrafieprüfungstempo von 30 BpM als KLASSE C. Diese Genehmigung ausschließlich für UKW und ohne Telegrafiekenntnisse als KLASSE D.
  3. Die KLASSE E ist als Einsteigergenehmigung gedacht, die keine technischen Vorkenntnisse erfordert und bietet so insbesondere Familienangehörigen nach einer Minimum Ausbildung die Möglichkeit, Amateurfunkanlagen kleiner Leistung auf einigen UKW-Bereichen zu besitzen, zu errichten und zu betreiben.
  4. Eine KLASSE F (wie Fuchsjagd) für das Herstellen, Errichten und Betreiben der Sender für diese Sportart wurde nicht vergessen.

Die Rufzeichen jetzt gültiger Genehmigungen sollten weitestgehend erhalten bleiben. Eine Unterscheidung der Rufzeichen nach erteilten Genehmigungsklassen soll es nicht geben; es bleibt beim 2-buchstabigen Suffix für alle. Ein genereller Rufzeichenumbruch im Zusammenhang mit der Bildung von Ländern in der DDR wäre unzweckmäßig und wird abgelehnt. Damit wäre auch die Voraussetzung gegeben, daß nach einer Vereinigung beider deutscher Staaten und Einführung eines möglicherweise neuen Landeskenners die Wiedererkennung am Rufzeichen gewährleistet ist. Die neue Anordnung über den Amateurfunkdienst wird die Forderung nach Mitgliedschaft in einer bestimmten Organisation sowie den gesetzlichen Auftrag an eine Organisation zur organisatorischen Zusammenfassung, Betreuung und Ausbildung der Funkamateure nicht mehr enthalten. Diese Streichung des Ausbildungsauftrages hat jedoch zur Folge, daß eine generelle Genehmigung für den Ausbildungsfunkbetrieb in der neuen Afu-Ordnung nicht mehr fixiert werden kann. Alle Afu-Genehmigungen behalten nach dem Inkrafttreten der neuen Anordnung über den Amateurfunkdienst ihre Gültigkeit wobei der Vorschlag vorsieht, daß die Genehmigungen 1A und 2A in der neuen Klasse A und die Genehmigungen 1B und 2B in der neuen Klasse B zusammengefaßt werden sollten. Das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen ist bemüht, die neue Anordnung möglichst bald zu verabschieden.


RS-Redaktion: Y25ZO (Y61Z)


Übernahme und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


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