Liebe Freunde!

Wiederum ist es ein Brief – übrigens einer von vielen ähnlichen Inhalts –, der jetzt Euren Jugendreferenten zwang, sich erstmalig in dieser Form an Euch zu wenden.

Der Sermon geht gleichermaßen sozusagen drei Ebenen an, nämlich außer den Unterzeichneten auch noch die Distrikts-Vorsitzenden, vor allem aber Euch, die Ihr in den vielen kleinen und großen Ortsverbänden „Arbeit an der Front“ leistet. –

Nun zum angekündigten beispielhaften Schreiben selbst. Es handelt sich um einen DIN-A4-Bogen mit ansprechendem stilisierten OV-Briefkopf und darunter noch eingedruckt „OV-Jugendreferent“.

Der Schrieb lautet auszugsweise:

„.... habe ich gehört, daß nun der DARC als jugendfördernder Verband anerkannt ist. Ich bitte um Mitteilung des Anerkennungserlasses mit Nummer usw. und um Angabe der Adresse, an die wir uns wegen einer geldlichen Unterstützung wenden können. In unserer Stadt sind eine ganze Menge Jugendlicher, und ich will jetzt eine Jugendgruppe gründen ....!“

Wie gesagt, liebe Freunde, das ist nur ein Schrieb unter vielen; die Antworten darauf habe ich als höflicher Mensch bisher immer individuell gefaßt. Zweckentsprechender und rationeller wäre tatsächlich eine vorgedruckte 08/15-Antwort gewesen.

Vielleicht merkt ihr jetzt, worauf dieses Arbeitsblatt inhaltlich hinaus will:

Es soll Antwort geben auf diese und ähnliche Fragestellungen, die sicherlich öfter in den OVs aufgeworfen werden; vor allem soll es aber verworrene und teilweise sogar falsche Ansichten geraderücken.

Jede zielbewußte Arbeit an unserer nachwachsenden DARC-Jugend setzt vor Beginn die klare Kenntnis unserer Ausgangssituation, d. h. eine sogenannte Lagebeurteilung voraus.

Wie sieht diese allgemein zur Zeit auf den drei genannten Ebenen aus?

Was müssen wir tun, um für unseren Club – hier speziell für unseren jugendlichen Nachwuchs – etwas zu erreichen?

1. Bundesebene

Der Jugendreferent ist satzungsgemäß Mitglied unseres Clubvorstands. Ein Team von Euch bekannten, altbewährten OM leistet hier seit Jahren im Interesse der vielen SWLs stille, unverdrossene Arbeit, z. B. beim Anlegen und Durchführen von Contesten, der Auswertung und Erteilung von DLD-H-Diplomen, nicht zuletzt durch die vielen Veröffentlichungen im DL-QTC usw. Davon soll aber jetzt in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein.

Hier geht es um eine klärende Darstellung der Beziehungen des DARC zu den amtlichen, mit Jugendarbeit und Jugendpflege beauftragten Bundesdienststellen.

Auf dieser Ebene ist für den Jugendreferenten zunächst das Bundesministerium für Familien- und Jugendfragen (BFM) zuständig.

Um gleich hier einem langjährigen, sogar in „DV-Kreisen“ verbreiteten Haupt-Irrtum entgegenzutreten:
Es gibt auf Bundesebene keine „Anerkennung als jugendfördernder Verein“.

Das BFM verwaltet die alljährlich neu festgesetzten Mittel des sogenannten Bundesjugendplans. Über die näheren Bestimmungen dieses Planes, vor allem die darin aufgeführten Zwecke, gibt ein Ministerialblatt (Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 4, Ausgabe A, vom 31.01.1959, erhältlich beim Verlag Carl Heymanns KG, .....) Auskunft, ebenso über das Verfahren, wie erstmalig in der letzten Clubversammlung in Eschwege durch den Jugendreferenten ausgeführt. Folgende inhaltlich genau fest umrissene Vorhaben können u. a. zentral durch den Bundesjugendplan gefördert werden:

  1. Ausbildung und Fortbildung von hauptberuflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern In der Jugendarbeit
  2. Politische Bildung der Jugend
  3. Bildung der Landjugend
  4. Bildung der Mädchen
  5. Musische Bildung der Jugend
  6. Jugendschrifttum
  7. Film, Funk, Fernsehen
  8. Internationale Jugendbegegnung
  9. Fahrten nach Berlin
  10. Jugendfahrten, Jugendfreizeitstätten, Jugendbildungsstätten und Stätten der Jugendarbeit in Notstandsgebieten.

Ihr seht, daß alle diese aufgeführten Zwecke für den DARC nur bedingt zutreffen, bzw. sich unsere besonderen Tätigkeitsmerkmale mit ihm zum Teil überlappen.

Das Jugendreferat ist bemüht, die Im Bundesjugendplan festgelegten Zweckbestimmungen erweitern zu lassen.

Zwei Dinge müssen aber von allen Mitgliedern klar gesehen werden:

  1. Das BFM unterstützt nur zentrale, d. h. den Gesamt-DARC umfassende, sich über die Länder erstreckende Vorhaben.
  2. Die Pläne hierfür sollten nach Möglichkeit schon gegen Ende des Vorjahres in Form einer groben Gesamtübersicht dem BFM zur Kenntnis gegeben werden, wahrscheinlich, damit bei den Haushaltsberatungen entsprechende Unterlagen vorliegen.
    Eine detaillierte Planung, d. h. Einzelanträge, müssen spätestens am 31.01. des betr. Jahres vom DARC-Jugendreferenten eingereicht werden.

Da die Aufnahme In diese sogenannte zentrale Förderung relativ spät erfolgte, konnten größere Vorhaben für das Jahr 1964 noch nicht geplant werden. Vorschläge für 1965 von seiten des Jugendreferats werden in der nächsten CV vorgelegt werden. Unterzeichneter hofft aber auch auf Anregungen für solche zentralen Veranstaltungen aus dem Kreise der DVs und OVVs.

2. Distrikts-Ebene

Es ist bekannt, daß bei dem föderalistischen Staatsaufbau Westdeutschlands die Kulturhoheit bei den Ländern liegt. Die Anerkennung als jugendfördernder Verband ist auch Ländersache.

Jedes Land hat ein Landesjugendamt, meist eingebaut im Innenministerium, in einigen Ländern auch im Arbeitsministerium. Diese Landesjugendämter sind für die Anerkennung zuständig und bearbeiten auch die auf landesregionaler Basis alljährlich verabschiedeten Landesjugendpläne.

An denn Mitteln haben also nur „amtlich anerkannte“, d. h. innerhalb dieses Landes auf Antrag anerkannte Jugendverbände teil.

Auch die Ausgabe von JugendgruppenIeiter-Ausweisen, die gewisse Erleichterungen und Verbilligungen mit sich bringen, z. B. Gruppenfahrtverbilligung mit der Bundesbahn, ist in der Regel Sache des betr. Landes.

Das Verfahren bei der Verteilung der Mittel aus dem Landesjugendplan ist auch von Land zu Land verschieden. In einigen Fällen geschieht das ebenso amtlich über entsprechende Antragstellung wie beim Bund, in anderen Ländern ist der Landesjugendring für die Verteilung zuständig.

In diesem Zusammenhang ein Wort zu den Jugendringen. In sie werden Vertreter anerkannter Jugendverbände delegiert, meist über einen Schlüssel nach vorhandenen Mitgliederzahlen. So gibt es einen Bundesjugendring, Länder-, Kreis-, aber auch Orts-Jugendringe. Sie vertreten die gemeinsamen Interessen ihrer Verbände nach außen.

Es ist Sache der Distrikte – in Ländern, wo mehrere Distrikte arbeiten, muß einer federführend sein –, Kontakt mit dem Landesjugendamt, ggf. auch dem Landesjugendring aufzunehmen mit der Zielsetzung der Anerkennung in diesem Land!

Voraussetzung hierfür Ist allerdings, daß auch im Distriktsvorstand ein Jugendreferent nicht nur auf dem Papier, sondern initiativ arbeitend da ist.

Selbstverständliche Haupt-Voraussetzung ist aber das Vorhandensein mehrerer eigenständig arbeitender Jugendgruppen innerhalb des Distrikts bzw. des Landes.

3. OV-Ebene

In jedem OV, der auch nur über fünf bis acht jugendliche Mitglieder (unter 25 Jahre) verfügt, sollten offiziell Jugendgruppen gegründet werden. Dabei gehe ich von der selbstverständlichen – unserem ham-spirit entsprechenden – Voraussetzung aus, daß auch hier ein nicht unbedingt an Jahren, aber im Herzen junger OM als OV-Jugendreferent rührig tätig ist.

Formal sollte nach Möglichkeit eine Art Satzung, natürlich im Rahmen unseres DARC, die besonderen Aufgaben dieser Jugendgruppe des OVs „xyz“ herausstellen.

Vor allem kommt es darauf an, hier nicht nur eng gesehen unser Steckenpferd, d. h. die verschiedenen Spielarten der Hochfrequenztechnik, Amateurfunk, Morsen usw. als Zielsetzung zu erwähnen, sondern das ganzheitliche Jugendpflegerische nach außen den Behörden gegenüber herauszustellen.

Hier bieten sich in erster Linie Vorhaben wie Fuchsjagden, Zeltlager usw. an, bei denen unsere Jugendarbeit sich auch in dem mitmenschlichen Kontakt, gemeinsamem Naturerleben, Pflege der Auslandsbeziehungen speziell durch unser Hobby, Einsatz für die Gemeinschaft usw. äußert.

Hier, liebe Freunde, im OV liegt der Schwerpunkt unserer, Ihrer ganzen Arbeit!

Und damit bin ich wieder bei dem einleitend erwähnten Brief.

Wenn Sie materielle Zuschüsse erwarten und Anerkennung – nicht nur höchst amtlich – Ihrer Jugendarbeit, dann darf die Reihenfolge also nicht lauten:

Erst Anerkennung und Geld, dann werden wir etwas machen, uns engagieren, evtl. zu etwas verpflichten, sondern erst die Arbeit, dann die Anerkennung! -

Dazu gehört selbstverständlich auch, gerade im Interesse unserer DARC-Jugend, daß wir die uns engnachbarlich umgebende Öffentlichkeit der Stadt und des Kreises nicht scheuen, sondern sie suchen.

Bei der zeitgemäßen Form unseres Staatsaufbaues müssen wir es leider nicht nur uns, sondern auch anderen dauernd zeigen und beweisen, daß wir etwas leisten – daß wir da sind.

In gewisser Weise widerspricht diese Denk- und Handlungsweise unserer Eigenart. Wenn wir aber etwas haben wollen, bleibt uns gar nichts anderes übrig, als so zu verfahren.

Hier liegt auch ein Arbeitsfeld für diejenigen OM, die sich der Newcomern annehmen. Es kommt nicht nur auf sozusagen inhaltlich saubere Tätigkeit an, sondern fast ebenso in der heutigen Zeit auf die entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, d. h. die – so häßlich es klingt – Propaganda für uns bei amtlichen und nichtamtlichen Stellen, Presse, örtlichen Jugendringen. Jugendpflegern und Schulen.

Ich bin am Ende meines Sermons. – Zum Schluß eine Bitte:

Fassen wir die erwähnten drei Ebenen DARC-Jugendreferat, Distrikte und Ortsverbände nicht als getrennte Gebilde auf.

Ohne guten Kontakt geht es auch in der Jugendarbeit nicht und ohne eine dauernde anregende Unruhe zwischen den Ebenen! -

Euer DARC-Jugendreferent
Walter Speckmann, DJ5UD / DLØBW


Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


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