Lieber OVV! Heute wollen wir uns einmal über eine Verkehrsart im Amateurfunk unterhalten, die in DL keineswegs neu, aber trotzdem noch recht unbekannt ist. Zwar erteilt das BPM jährlich auf Antrag des DARC einigen wenigen Amateuren eine Sonderlizenz, aber ich glaube, daß auch von diesen Lizenzinhabern noch lange nicht alle QRV sind. Haben Sie schon erraten, worum es geht? Es geht um das

RTTY. Diese Abkürzung ist aus den Worten Radio Teletype entstanden, die mit „drahtloses Fernschreiben“ zu übersetzen sind. In der deutschen Literatur heißt es kurz „Funkfernschreiben“. In den Amateurkreisen wurde mit dem Funkfernschreiben bereits Mitte der vierziger Jahre begonnen. Amerika machte den Anfang und ist auch heute noch führend, Nach meinen Informationen sollen heute bereits über 6000 RTTY-Stationen in Amerika in Betrieb sein und in regem Wechselverkehr mit Stationen der anderen Erdteile stehen.

Technisch sind RTTY-Stationen schon aus dem Grunde sehr interessant, weil sie ohne große Schwierigkeiten mit automatischen Ein- und Ausschaltgeräten ausgestattet werden können, die das Absetzen einer Nachricht an eine unbesetzte Station ermöglichen. Nach seiner Rückkehr findet der OM dann ein Fernschreiben vor. Diese schriftliche Nachricht kann er zu gegebener Zeit beantworten und außerdem noch in seinem Logbuch abheften. In Amerika werden auf diese Weise unbesetzte Relaisstationen in Betrieb gesetzt, um mit Ihrer Hilfe größere Entfernungen überbrücken zu können. Zeitlich ist die fernschriftliche Übermittlung unseren anderen Betrlebsarten überlegen, denn etwa 60 Worte bzw. 300 Zeichen pro Minute dürften weder in CW noch in Fonie normalerweise erreicht werden, zumal hier noch alles sauber geschrieben vorliegt.

Die Sende- und Empfangsgeräte für RTTY sind allerdings nicht ganz billig, aber eine moderne SSB-Station verlangt beispielsweise auch beträchtliche Mittel. Wer viel Glück und gute Beziehungen hat, wird hier und dort noch Geräte der früheren Wehrmacht auftreiben können, die sich auch heute noch sehr gut verwenden lassen.

Wenn Sie nun, lieber Freund, den Mitgliedern Ihres OVs etwas über die Anfänge des RTTY berichten wollen, dann greifen Sie bitte zum DL-QTC Heft 8/55. Unser langjähriger Präsident und jetziger Ehrenpräsident DL1WA hat dort in dem Bericht „Fernschreiben auf Amateurbändern“ einen Auszug aus einem Brief von W2BFD veröffentlicht, der die Probleme des RTTY in den Anfängen in den USA behandelt. Diese Zeilen sollte jeder OM lesen oder wenigstens inhaltlich kennen, der sich dem RTTY zuwenden will.

Nach dem damaligen Bericht von DL1WA wurde es wieder ganz still. Das Wort RTTY gab es im DL-QTC nicht mehr. Amateurfernsehen und SSB schienen bei den OM eine größere Anziehungskraft auszuüben. Nach fünf Jahren überraschte uns alle aber plötzlich im DL-QTC Heft 8/60 die Veröffentlichung von DL1GP: „Unser Start mit RTTY“.

In sehr übersichtlicher Form berichtet, OM Horn über seine ersten Versuche, die er mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter durchgeführt hatte. Er gibt dort eine übersichtliche Zusammenstellung der technischen Auflagen des BPM und erwähnt auch die RTTY-Anhänger der Nachbarländer, die an den gleichen Versuchen arbeiteten. Am 13.04.1960 kam es dann auch zu dem ersten RTTY-QSO zwischen G2UK und DL1GP.

Der Wunsch von DL1GP, daß recht viele Veröffentlichungen aus dem RTTY-Kreis die Zahl der Funkfernschreiber vergrößern möge, hat sich auch bis zu einem gewissen Grade erfüllt, denn die Zahl der Sonderlizenzen stieg ständig an. Im DL-QTC Heft 12/80 erschien dann noch eine weitere Veröffentlichung:

Die Schaltungstechnik im Amateur-Funkfernschreiben. In diesem Artikel knüpft DJ1PL an die Veröffentlichung von DL1GP an und bringt zunächst allgemeine Hinweise auf die RTTY-Technik. Anschließend wird dann die Gerätefrage angeschnitten. Nach einer kurzen Beschreibung der Fernschreibmaschine geht DJ1PL auf die einzelnen Geräteteile über, denen er mit vielen Schaltbildern allein sieben Seiten einräumt. Hier findet der OM wertvolle Hinweise, aber keine „Kochrezepte“. DJ1PL sagt hierzu wörtlich: „..... da der OM, der sich mit dem Fernschreiben befassen will, auch fähig sein sollte, zu einer gegebenen Schaltung gehörende Bauelemente zweckentsprechend zu dimensionieren“.

Ich glaube, daß das RTTY ein Gebiet ist über das sich die OM Ihres OVs gerne einmal mit Ihnen aussprechen würden. Studieren Sie deshalb recht genau, die erwähnten Berichte in den Heften 6/55, 8/60 und 12/60 des DL-QTC, die eine gute Grundlage für eine Diskussion bilden, zumal dieses Thema doch noch recht selten in unseren OV-Abenden zu hören ist.

Nach diesem technischen Gespräch wollen wir unseren Geist wieder ein wenig auflockern und alle Anwesenden zur Teilnahme an einer Aussprache ermuntern, die schon oft alte und junge OM auf den Plan gerufen hat:

Die QSL-Moral. Wie akut und modern dieses uralte Problem ist, geht wohl am besten daraus hervor, daß es im Februar-MB des DV Schleswig-Holstein und sogar bei der Generalversammlung der USKA in Bern angeschnitten wurde. Wie war das eigentlich früher? Die QSL-Karte ist ebenso alt, wie der Amateurfunk selbst. Bei den wenigen Stationen, die meistens nur von den Behörden ihrer Länder geduldet wurden, war eine gegenseitige Empfangsbestätigung der QSO-Partner selbstverständlich, denn die damaligen Funkgeräte ließen kaum ein längeres und einwandfreies QSO zu. Jede QSL-Karte war ein Mosaiksteinchen und ermöglichte im Verein mit anderen wertvolle Erkenntnisse der Ausbreitungsbedingungen usw. Sogar jede Hörkarte wurde dankbar von dem OP mit einer QSL quittiert, denn auch sie trug dazu bei, ein abgerundetes Bild der Leistung seiner Sendestation zu erhalten. Die Freude über die Karten war so groß, daß sich damals die Sitte einbürgerte, die QSLs als Trophäen an die Wände zu heften. Der Funkamateur ging ebenso auf die Pirsch wie ein Waidmann! Ist das nun heute anders geworden? Ich glaube, das ist nicht der Fall. Die unzähligen Amateurstationen und die leistungsstarken kommerziellen Stationen verursachen ein QRM, daß schon eine große Geschicklichkeit notwendig ist um mit seinem Partner ein einwandfreies QSO abwickeln zu können. Ich denke dabei an die meist sehr schwachen Amateurstationen, die heute noch in der Mehrzahl vorhanden sind. Diese Stationen tauschen zuverlässig ihre QSL-Karten aus. Nun gibt es aber auch eine große Anzahl von Amateuren, die die modernsten kommerziellen Sende- und Empfangsstationen mit den dazugehörigen Antennenanlagen ihr eigen nennen. Auch sie sind Amateure, denen wir neidlos ihre Stationen gönnen sollen. Was allerdings nicht zu verstehen ist, ist das, daß sie kein Verständnis für ihre kleinen Brüder aufbringen. Sie sind übersättigt, denn VK wird ja auf Anhieb gearbeitet! Und deutsche Stationen? Was soll man damit, davon gibt es ja „leider“ fast 7000! Sie arbeiten ja auch an weltweiten Diplomen. Was bedeutet ihnen da schon der OM, der „nur“ daß DLD oder DLD-H erwerben will. Da die Station ja schon !!! DM gekostet hat, kann man doch nicht noch Geld für „nutzlose“ QSL-Karten ausgeben! Doch Jetzt kommt die Kehrseite der Medaille!

Hören wir doch einmal etwas kritisch auf den einzelnen Bändern. Sind das überhaupt noch QSOs? Da laufen „Modulationsversuche“ mit Tonbändern, die um Mitternacht an Stammtischen oder auf Jahrmärkten aufgenommen zu sein scheinen. Auf die Qualität der Bänder legt man keinen Wert. Entscheidend ist die Quantität und die Lautstärke. Andere QSOs werden nur in Contestform geführt: „Name ist Paul, RS 56, sonst QRU, erwarte Eingang der QSL und schicke dann meine, Ende“. Daß derartige QSOs dazu noch häufig in den Bandbereichen geführt worden, die nach „ungeschriebenen Amateurgesetzen“ für DX, SSB, CW oder mobile vorgesehen sind, ist für diese Gruppe von Amateuren selbstverständlich, denn sie bezahlt ja ihre Lizenzgebühr und darf außerdem – laut Grundgesetz – nicht in der persönlichen Freiheit behindert werden!

Haben Sie jetzt Diskussionsstoff? – Nun, ich habe absichtlich übertrieben, weil dann die Licht- und Schattenseiten besser hervortreten. Meine Meinung hat sich seit 1924 nicht geändert. Nach jedem einwandfreien QSO geht meine QSL sofort ab. Ebenso wird jede Hörerkarte, die nach dem Logbuch richtige Angaben enthält, sofort beantwortet, denn ich habe mich ja früher auch über jede Karte gefreut und freue mich auch heute noch darüber. Ein QSO soll aber stets von beiden Seiten in netter und höflicher Form geführt werden. Auch die Anrede „Sie“ dürfte dazu gehören.

Die Anregung von DJ1QX, das DLD gewissermaßen als Erziehungs- oder Strafmittel zu benutzen, ist sicher aus der Enttäuschung über zu geringen QSL-Karteneingang entstanden. Man sollte auch darüber diskutieren. Mir selbst behagt die vorgeschlagene Methode nicht ganz.

Mit den besten 73
Ihr DL3JE


Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


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