Deutscher Amateur-Radio-Club
Britische Zone e. V.

Kiel, den 15.8.50
OV/82/50

Verteiler: OVV


Durch die besonderen Verhältnisse nach dem Kriege haben sich die deutschen KW-Amateure nicht sofort wieder zu einem gemeinsamen Verband zusammenschließen können. Die Vorarbeiten zur Lizenzierung und die danach auftretenden gemeinsamen Probleme führten bereits in Bad Lauterberg im Jahre 1948 zur Bildung einer Interessengemeinschaft aller Clubs, die seitdem stetig weiter ausgebaut wurde. Die auf dieser Basis errichteten gemeinsamen Einrichtungen, z. B. QSL-Vermittlung, Vertretung bei der Lizenzbehörde usw. dürften allgemein bekannt sein. Es hat sich aber immer wieder gezeigt, daß die Arbeitsabwicklung in der vorleigenden losen Form reichlich schwerfällig ist. Um rasch und wirkungsvoll handeln zu können und die Interessen der Mitglieder nachdrücklich zu vertreten, erscheint eine neue Ordnung der Verhältnisse dringend erwünscht.

Nachdem durch die Bildung der Bundesrepublik und die nachfolgende Gesetzgebung die bisher bestehenden Zonenhemmnisse gefallen sind, dürften für uns keine Schwierigkeiten mehr bestehen, einen Gesamtverband an die Stelle der bisherigen Einzelclubs zu setzen. Bei der über die Grenzen hinausgreifenden Arbeit des Amateurs wäre es auch widersinnig, vor künstlichen Grenzen im eigenen Land Halt zu machen, nachdem die Notwendigkeit dazu weggefallen ist.

Vermöge seiner Mitgliederzahl und räumlichen Ausdehnung böte ein Gesamtverband erhebliche Vorteile. Einige davon seien hier erwähnt:

  1. Wirksame und umfassende Vertretung gegenüber den Behörden, die dann nicht mehr mit acht oder mehr Verbänden zu verhandeln haben.
  2. Breitere Basis für die Vertretung dem Ausland gegenüber. Dies ist ein Punkt, der z. B. bei der Gründung einer ERRL von wesentlicher Bedeutung wäre.
  3. Größere Wirtschaftlichkeit der Verwaltungsarbeit durch bessere Ausnutzung der Arbeitskräfte und Büroeinrichtungen.
  4. Breiterer Abnehmerkreis für die Industrie zur Weckung des Interesses für Sonderentwicklungen.
  5. Größere Finanzkraft, dadurch Möglichkeiten zum Ausbau der Zeitschrift und gegebenenfalls einer technischen Abteilung.
  6. Günstigere Bedingungen für den Abschluß einer Gesamthaftpflichtversicherung der Mitglieder für ihre Antennenanlage und Station (wichtig für das Recht des Mieters auf Hochantenne).

u. a. m.

Die kommende KW-Tagung in Bad Homburg bietet eine gute Möglichkeit zur Verwirklichung dieses Gedankens, der zudem in den Zeitschriften jetzt schon mehrfach diskutiert wurde. Da aus naheliegenden Gründen (QSB im Geldbeutel) in Bad Homburg nur ein Teil der Amateure des Bundesgebietes anwesend sein kann, wird den Ortsverbänden nachstehend ein Vorschlag für die Bildung des Gesamtverbandes zur Kenntnis gebracht. Die OVVe werden gebeten, diese Vorschläge in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung umgehend zur Debatte zu stellen und den beiliegenden Abstimmungsbogen bis zum 25.08. in je einem Exemplar direkt an die Geschäftsstelle und den zuständigen DM zurückzugeben. Das dritte Exemplar ist zum Verbleib beim OV bestimmt. Mit diesem Abstimmungsbogen geben die OVe ihrem DM zugleich einen Anhaltspunkt über die Meinung der Mitglieder zu diesen Fragen. Der DM weiß damit, in welchem Sinne er bei Abstimmungen in Bad Homburg gegebenenfalls seine Stimme in die Waagschale zu werfen hat. Es liegt im Interesse aller OM, durch rasche Beantwortung des Zustandekommen eines Gesamt-DARC zu fördern.

Der Vorstand des DARC/BZ macht folgenden Vorschlag zum Aufbau des neuen Verbandes. Der Vorschlag entspricht in seinen Einzelheiten bewährten Vorbildern bei anderen Clubs des In- und Auslandes:

  1. Das Mitglied wählt einmal im Jahr seinen Distriktsmanager (DM), der ein erfahrener OM sein sollte und, getragen von den Stimmen der OM, die entscheidende Person für die Arbeitsrichtung des Gesamtverbandes ist.
  2. Die DM kommen mindestens einmal im Jahr, im Notfall öfter, zur Beratung und Abstimmung über alle den Amateur-Verband angehenden Fragen zusammen.
  3. Die DM wählen oder bestätigen alle für den Verband, sei es als Angestellte, sei es als freiwillige Helfer, tätigen OM in den einzelnen Abteilungen. Die mit Arbeiten für den Verband betrauten OM haben jährlich einen Rechenschaftsbericht abzulegen.
  4. Die DM wählen alle zwei Jahre den Präsidenten und seinen Stellvertreter, wobei es als zweckmäßig vorgeschlagen wird, jeweils im einen Jahr den Präsidenten und im folgenden den Stellvertreter zu wählen.
  5. Der Präsident veranlaßt die Durchführung der von den DM für die Arbeit des Verbandes gefaßten Beschlüsse und hat darüber jährlich einen Rechenschaftsbericht abzugeben.
  6. Bei diesem Aufbau kann jedes Mitglied durch Vorschläge an seinen DM direkten Einfluß auf die Geschehnisse im Verband nehmen.
  7. Die Sitzungen der DM ist öffentlich und werden in satzungsmäßig festzulegenden Fristen vorher bekanntgegeben.

Zur Erreichung dieses Ziels sollten in Bad Homburg alle DM der Bundesrepublik zusammentreten, um die oben skizzierten Vorschläge zu beraten und den Gesamtverband zu gründen. Um keinem der beteiligten Clubs das Gefühl zu geben, er könne bei der Einigung benachteiligt sein, sollten die bisherigen Verbandsvorsitzenden nicht für den Präsidenten des Gesamtverbandes als Kandidaten auftreten. Sollte jedoch hierüber keine Einigung erzielt werden, so müßte auch jedem der bisherigen Clubvorsitzenden die Möglichkeit zur Kandidatur freigestellt werden.

Soweit der Vorschlag des Vorstandes des DARC/BZ. Ein anderer Vorschlag zielt auf die Schaffung eines Verbandes lediglich auf föderativer Grundlage, also unter Beibehaltung der bisherigen Einzelclubs, ab. Nach unserer Ansicht stellt eine solche Föderation gegenüber dem jetzt bestehenden Zustand keinen nennenswerten Fortschritt dar und ist arbeitsmäßig schwerfälliger und kostspieliger als ein Gesamtverband.

Die Gründung des Gesamtverbandes geschieht auf Grund einer Rahmensatzung. Die endgültige Satzung wird durch einen in Bad Homburg zu berufenden Ausschuß vorbereitet und den DM zur Beschlußfassung vorgelegt.

Der Vorstand BZ empfiehlt aus wirtschaftlichen Gründen und im Interesse einer reibungslosen Überführung der Geschäfte auf den Gesamtverband, daß vorläufig eingefahrene Referate an ihren jetzigen Orten bleiben. Die weitere Zusammenfassung an einem geeigneten Ort erscheint sicherlich wünschenswert, sollte aber aus den erwähnten praktischen Erwägungen einem späteren Zeitpunkt vorbehalten bleiben.

Weiter empfiehlt der Vorstand BZ, die Zusammenlegung der Zeitschriften CQ und QRV unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob dies ohne Nachteile für den Gesamtverband möglich ist. Hierdurch könnten Doppelausgaben der Mitglieder vermieden und eine bessere sowie später auch umfangreichere Zeitschrift geschaffen werden.

Um auf der KW-Tagung die Meinung der OM der BZ klarer vertreten zu können, werden in der beigefügten Anlage eine Reihe von Fragen an die Mitglieder gestellt sowie Vorschläge gemacht, um deren Beantwortung bis spätestens zum 25.08. gebeten wird.


gez. R. Rapcke, DL1WA
1. Vorsitzender


Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


Inhalt 1950 Rundspruch-Archiv