DARC
München 27
Postbox 99

Zeichen: S 16
Verteiler: AR, DM, BM, OV
Datum: 24.10.48
Betrifft: Sekr-Bericht Lizenzierung, Vertraulich !

1) Am 2. Juli entschieden die beiden Militärgouverneure Clay und Robertson, daß die deutschen Amateure in der Bizone lizenziert werden dürfen. Die zu diesen Proklamationen gehörige Anweisung wurde über BiCom dem VR (Verwaltungsrat) oder WR (Wirtschaftsrat) zugeleitet und gelangte nach einigen Wochen Irrweg anfangs August zur HVPF.


2) Der Wortlaut dieser Proklamationen und Anweisung kann nicht wiedergegeben werden, ist „restricted“.


3) Das DARC-Sekretariat wurde von der HVPF Abt. IIC sofort benachrichtigt und siedelte am gleichen Tag nach Ffm über. Bei den beiden ersten Verhandlungen waren außerdem OM Conrad, Müller und Merz zugegen. Die vom DARC ausgearbeitete und der HVPF übergebene AFVO (Amateurfunk-Verordnung) war inzwischen in einigen Teilen sehr zu unseren Ungunsten geändert und bekanntlich im April BiComGp übergeben. Seitens BiComGp wurde die von der Post überreichte VO überhaupt nicht behandelt und dank des sehr verständnisvollen Entgegenkommens von OPR Preßler gelang es nach kurzer Zeit eine sehr brauchbare VO zusammenzustellen. Gleichzeitig führte die Abteilung Z (Rechtsabteilung) der HVPF Vorbesprechungen mit VR und WR. Wenige Tage nach der formellen Anforderung einer AFVO zur Beratung beim WR durch Dr. Pünder konnte diese hinreichend vervielfältigt dem VR übergeben und im WR verteilt werden.


4) Parallel laufende Besprechungen mit BiComGp schufen grundsätzliche Klarheit über Leistung, Frequenzbänder usw. Für verschiedene Beamte der HVPF war es ein Dorn im Auge, den Amateuren 100 W (inpt) zuzubilligen und man einigte sich dann auf Vorschlag von IIC zu 50 W Verlustleistung für die große Klasse (gleich 200 W inpt, hi). Alle Herren von BiComGp fanden dies arg hoch, bei BiCom hatte unser ursprünglicher Vorschlag mit 10 W und 100 W große Sympathien, „but its up to the German authorities“.


5) Die AFVO wurde am 7.9. vom VR behandelt und an den WR für die Vollversammlung am 27./28.9. weitergeleitet.


6) Im weiteren Verlauf des Septembers war die HVPF IIC eifrig beschäftigt, die von uns eingegangenen Listen zu bearbeiten. Inzwischen sind dort die Lis-Unterlagen, Rufzeichen usw. für nahezu 500 OM fertiggestellt. Dieser mehrere cm dicke Aktenschwung einschließlich Anweisung liegt seit Wochen bei der HVPF versandbereit für die OPDen. Besonderer Dank für die schnelle Erledigung gebührt den DMs Nordbayern, Hessen, WB und Kiel.


7) Die eingangs erwähnte Anweisung der Militärregierung besagt u. a., daß die vom WR zu bestimmende deutsche Behörde (HVPF) bis zum 1.9. ermächtigt sein soll. die Lizenzen an die deutschen Amateure auszugeben. Da dieser Termin nicht eingehalten war, wurden die zuständigen alliierten Stellen (BiCom, OMGUS) ersucht, auf die infragekommenden bizonesischen Behörden einen entsprechenden Druck zur Beschleunigung auszuüben. Die eingegangenen Stellungnahmen sind praktisch gleich; hier die des Chefs, ComGp, Morrill, OMGUS:


8) „ ... the licensing of German radio amateurs. Responsibility for this matter has been delegated to the Economie Counsil in order that appropriate measures may be taken to license German amateurs in accordance with regulations and procedures established by or at the direction of that body. Consequently any questions regarding the effective date of licensing German amateurs should be taken up the German authorities.“


9) „As regards amateur organisation in the United States and Great Britain being under any misapprehension as to the status of licensing in Germany, the appropriate amateur organizations in thes countries have been advised that Military Goverment will advise them of the effective date of authorization for German amateurs and that informations received from any other cources should be disregarded.“


10) Eine weitere Folge davon war, daß die Bizonenbehörden umschalteten und versuchten allein durch VR (ohne dreimalige Verlesung beim WR und dann noch LR (Länderrat)) die HVPF zu ermächtigen. Jedenfalls zog der VR am 25.9. unseren ganzen Zauber vom WR zurück und gab als Begründung Nichtübereinstimmung mit den MR an.


11) Auf Grund der zu S 12/10 eingegangenen Stellungnahmen wurde der HVPF erklärt, daß wir nach Entscheidung der MR keinen Wert mehr auf halbe Lösung legen, noch weniger irgendeine Organisation eines „sog. vorläufigen“ Betriebs, sondern ausschließlich Lizenzausgabe durch die HVPF. Dies deckte sich auch mit den Absichten von OPR Preßler und Col. Parker.


12) Zu den Verhandlungen, auch über die Punkte 10/11 vom 27.–29.9. bei BiComGp kein Bericht, sri „this is not for publication“.


13) Zur selben Zeit wurde unabhängig von Punkt 10) ein zweiter Weg beschritten und entsprechender Empfehlung zufolge bei IIC die Anweisung an die OPDen fertiggestellt und durch die HVPF geschleust. Am 1.10. lag das Aktenstück von allen (etwa ein Dutzend) Abteilungen – mit Ausnahme Z – unterzeichnet wieder bei IIC am Schreibtisch. Diese Anweisung hatte den Zweck nur im Rahmen der Post, ohne die Verabschiedung der AFVO durch die übrigen Bizonenbehörden abzuwarten, innerhalb einer Woche die Lizenzen auszugeben. Dies scheiterte an der fehlenden Unterschrift von Z.


14) Die Gründe für das Fehlen besagter Unterschrift und das Scheitern der direkten Ermächtigung durch VR (Punkt 10) sind auf die vollkommen verwirrte Rechtslage in Ffm zurückzuführen. Die andererseits bei juristischen Vertretern der zuständigen Behörden fehlende Zivilcourage konnte trotz großer gemeinsamer Anstrengungen mit den technischen Vertretern von BiComGp und HVPF nicht hingebogen werden.


15) Über die Rechtsunklarheit gibt auch eine von der HVPF veröffentlichte Abhandlung einen Überblick, hier einige Auszüge:

„Der Zusammenbruch ... hat nicht nur unser Wirtschafts- und soziales Gefüge tiefgreifend verändert, sondern auch unser ganzes staats- und verwaltungsrechtliches System aufs Schwerste in Mitleidenschaft gezogen.“

Auch auf unser Spezialgebiet übertragen, war früher der Reichspostminister praktisch allein in der Lage eine AFVO zu erlassen. Ein langer Abschnitt kommt nach Erörterung alter deutscher Gesetze, der des Kontrollrats, der MRen usw. zu dem Schluß:

„daß so seine rechtliche und tatsächliche Stellung aber dem heutigen Direktor der Post nicht zuerkannt werden kann. ... Wie jede bizonale Verwaltung wird auch die HVPF von einem Direktor geleitet. Den Direktoren sowie den Vorsitzenden des Verwaltungsrates (Oberdirektor) ist durch Artikel VII der Proklamation Nr. 7 und 126 das Recht verliehen worden, im Rahmen der Gesetze des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Ausführungsbestimmungen zu erlassen, eine darüber hinausgehende Rechtsetzungsbefugnis wurde ihnen noch nicht übertragen. Das Recht allgemein Verordnungen mit Gesetzeskraft für bestimmte Gebiete zu erlassen, überschreitet aber das Recht zum Erlaß von Ausführungsbestimmungen erheblich, da es dort an jeder Bindung an gesetzliche oder sonstige Richtlinien fehlt.

Es fragt sich weiter, ob die übrigen Institutionen der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes nach dem geltenden Recht zuständig sind. Was zunächst den VR betrifft, so ist festzustellen, daß er in der jetzt gültigen Proklamation nicht als korporatives Organ eingerichtet ist. Die Aufgaben, die ihm Art. VII ... zuweist, stehen ihm nicht institutionell zu, sondern werden dem (koordinierenden) Vorsitzenden und den einzelnen Direktoren der Verwaltungen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Verwaltungsrates und je für sich übertragen. Darin unterscheidet er sich wesentlich von seinem Vorgänger, dem Exekutivausschuß. Diesem standen gemäß ... besondere Aufgaben zu, z. B. hatte er das Recht der Gesetzesinitiative, die Ermächtigung zum Erlaß von Ausführungsbestimmungen und das Recht zur Koordinierung und Überwachung der Ausführung von Gesetzen durch die Direktoren. Diese Rechte können aber auch nicht sinngemäß auf den VR übertragen werden, da die neue Proklamation ... die früheren Bestimmungen ausdrücklich aufheben.

Auch der LR kommt für den Erlaß der Post- und Fernmeldebenutzungsordnungen nicht in Betracht. Seine Aufgabengebiet ist in ... umschrieben. Danach steht ihm das Recht der Gesetzesinitiative und die Befugnis zu, allen vom WR angenommenen gesetzgeberischen Vorlagen zuzustimmen, sie abzuändern oder dagegen Einspruch zu erheben. Ein darüber hinausgehendes Recht ist ihm im legislativen Bereich nicht eingeräumt, weder ein Recht zum Erlaß von Ausführungsbestimmungen noch von Rechtsverordnungen. Es ist daher nicht möglich ihn zum Erlaß von Benutzungsordnungen für befugt zu halten.

Dagegen muß dieses Recht dem WR zugestanden werden, dieser ist – immer vorbehaltlich der Zustimmung des Bipartito Board entsprechend – das höchste Rechtssetzungsorgan im Vereinigten Wirtschaftsgebiet. Gemäß ... übt er das Recht zum Erlaß von Gesetzen über das Post- und Fernmeldewesen (mit Ausnahme des Rundfunks) aus, welches das engere recht zum Erlaß der Benutzungsordnungen in sich begreift. Eine Übertragung der Ausübung dieses Rechts ist nicht ausdrücklich vorgesehen. Lediglich die Befugnis, den Vorsitzenden oder die Mitglieder des VR oder die Länder zum Erlaß von Ausführungsbestimmungen sowohl zu seinen eigenen Gesetzen als auch zu bestehenden Rechtsgesetzen zu ermächtigen, ist ihm eingeräumt. Ob er auch das weitergehende Recht zum Erlaß von Rechtsverordnungen delegieren kann, ist nach dem Wortlaut der Proklamation ... zweifelhaft, muß aber bejaht werden, da eine solche Delegation einer allgemein gesetzgeberischen und gesetztechnischen Übung entspricht. Notfalls könnte die Ermächtigung mit Einschränkungen versehen werden, so daß sich der Umfang des delegierten Rechts kaum von dem Recht zum Erlaß von Ausführungsbestimmungen unterscheiden würde. Zudem muß dem WR im Rahmen der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes und innerhalb der Grenzen der Proklamation ... die Kompetenz, also das Recht zugebilligt werden, seine Zuständigkeit selbst zu bestimmen. Jedenfalls ist aber nach dem gegenwärtigen Rechtszustand der WR befugt, die Bedingungen und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen der HVPF festzusetzen, und zwar nicht in der Form der Rechtsverordnung, sondern in der Form des Gesetzes.

Dieses Ergebnis bedarf de logo lata für die Zeit bis zum 31.12.48 zweier Ergänzungen: ...“


16) So ergab sich von deutscher wie von alliierter Seite eine Ablehnung der Präambel („... aufgrund des FAG 1928 wird – für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet – verordnet ...“) zu unserer AFVO. Zur Lösung dieser Frage wäre ein neues Fernmelde-Grundgesetz, zumindest aber eine entsprechende Überholung des FAG 1928 erforderlich. Zugehörige Zeitkonstante – ja, unsere jüngsten OM würden es sicher noch erleben, hi.


17) Diese Zeitkonstante der deutschen Bizonenverwaltung in Ffm ist auch den alliierten Stellen nicht unbekannt. Den Juristen deshalb ein zweiter Weg empfohlen, die AFVO vom übrigen Fernmeldewesen vollkommen zu trennen und als selbständiges Gesetz zu erlassen. Nach bisherigen Erfahrungen und diesbezüglichen letzten Angaben der zuständigen Stellen kann zwischen Dezember und Januar mit der Veröffentlichung gerechnet werden.


18) Mitte Oktober wurde BiComGp auf die ständig steigende Zahl der unlis-Stationen hingewiesen. Im Gegensatz zu früheren, erfolgreichen QRT-Aktionen (April–Juni, August usw.) dürfte jetzt ein derartiger Versuch zum Scheitern verurteilt sein, es könnte den deutschen Amateuren – denen bekannt ist, daß von den alliierten Stellen und der Deutschen Post alle erforderlichen Schritte bis Ende August durchgeführt waren – nicht zugemutet werden, daß sie wegen der unverantwortlichen Verzögerungen des WR von dem ihnen zustehenden und durch die beiden MRen bestätigten Recht des Amateurfunks keinen Gebrauch machen.


19) Nach Besprechungen mit dem Chef, BiComGp, Semple, BiCO soll versucht werden, bei den beiden Militärgouverneuren unabhängig von der Verabschiedung der AFVO bei WR (Pkt 17) eine vorherige direkte Ermächtigung der Post zur Ausgabe der Lizenzen zu erreichen.


20) Den beiden Militärgouverneuren wurde am 16.10. gleichlautend folgendes zugestellt:

„Reference your proclamation no 7, subj: Licenses for German amateurs dtd July 1948. The following request is hereby submitted.

The German main administration for mail an telecommunication in connection with the bipartito telecommunication group have now comlied with your directives. But so far, no licenses have been issued to German amateurs, though in your proclamation the issue be given on Sept 1, 1948. The German amateurs now ask you for your help again to speed things up in the issue of licenses to German amateurs, as one and a half month have passed without any action from German authorities.

About 400 amateurs are waiting after passing the examination in the passed weeks. It would be of much more benefit for international radio communication if German operators would be granted permission to operate with license. Another important reason we ask you for permission ist the world wide dx-contest announced in the American CQ-magazine. German amateurs were invited to participate in the contest, and therefore we would appreciate the issue of license in the very near futur, as this contest will be held during the period 29 October trough 5 November 1948.

Thanking you for your interest in our work and thanking you for your help, we are ...“


21) Weiterer Bericht folgt zu gegebener Zeit


73, Haberl


Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


Inhalt 1948 Rundspruch-Archiv