DEUTSCHER AMATEUR-RADIO-CLUB / BZ

OV-Rund 1/48. 29.1.48


Liebe OM!

Am 24. und 25. Januar tagte in Frankfurt ein Ausschuß aller deutschen Amateur-Radio-Clubs. Behandelt wurde die Festigung der Zusammenarbeit zwischen den Verbänden, die Schaffung einer gemeinsamen Zeitschrift und die gemeinsame Ausarbeitung eines Vorschlags für einen Gesetzentwurf. Dieser wurde am 26. Januar bei der Hauptverwaltung für Post- und Fernmeldewesen (HVPF) vorgelegt. Er wird jetzt von den dortigen juristischen Sachverständigen geprüft und als Ergebnis ein endgültiger Vorschlag der Bipartita Communications Group vorgelegt werden. (Bei dieser Stelle ist unser Frequenzmesser-Antrag seit Mitte Dezember in Bearbeitung).

Anläßlich der Übergabe unseres Entwurfes kam es zur Sprache, daß die alliierten Behörden der in der letzten Zeit rapid angewachsenen Tätigkeit der Schwarzsender nicht mehr untätig zusehen können, sondern die Post aufgefordert haben, diese zu ermitteln und nach den bisher geltenden deutschen Gesetzen zu belangen, andernfalls die wesentlich schärferen Gesetze der MilReg zur Anwendung kommen würden. Die DARCs sind aufgefordert worden, ihre Mitglieder auf diese Anordnung aufmerksam zu machen. Durch Presse und Rundfunk soll eine Bekanntmachung in weitesten Kreisen erfolgen.

Damit beginnt sich die befürchtete Entwicklung abzuzeichnen: die uns jetzt noch allenthalben entgegengebrachte Sympathie und das Interesse wird sich wandeln. Zuerst wer wir nämlich mit jenen Elementen identifiziert, welche sich unbedenklich Vorrechte anmaßen, die jetzt allen noch nicht offenstehen können, und welche groteskerweise trotzdem behaupten, das Wohl aller Amateure im Auge zu haben. Bekanntlich waren die deutschen Amateure von der HVPF und den US- und britischen Dienststellen aufgefordert worden, Vorschläge für eine Neuordnung ihrer eigenen Gesetzgebung einzubringen. Bei dieser Arbeit, welche das deutsche Amateurfunkwesen von einer Reihe von Fesseln befreien sollte, waren jene Leute bezeichnenderweise nicht vertreten. Im Gegenteil wählten sie einen geeigneten Zeitpunkt zur Steigerung ihrer Tätigkeit, um unsere Bemühungen um eine Neuordnung zu erschweren, denn auch sie mußten wissen, daß man angesichts einer akuten Gefahr kaum gesonnen ist, Erleichterungen zu schaffen. Bei diesen Leuten werden wir uns also zu bedanken haben, wenn unsere Vorschläge bei der letztlich entscheidenden Stelle ins Wasser fallen. Ohne volle Kenntnis der Zusammenhänge wirkt dies vielleicht nicht überzeugend, darum nachfolgend einige Tatsachen:

  1. In der Neujahrsnacht verkündete eine D-Station im 80-m-Band, daß in Deutschland Lizenzen ausgegeben worden seien. Als angeblicher Beweis dafür wurde die Einteilung einer Kennziffer für die einzelnen Distrikte gegeben, beginnend mit DA1 für Württemberg (!) und endend mit DAØ für Berlin. Zur weiteren Glaubhaftmachung arbeitete diese Station dann unter wechselnden Rufzeichen an verschiedenen Stellen im Band.
  2. Bereits vorher war in schweizerischen Zeitschriften die Zweckmeldung lanciert worden, das „Britische Zonenkommando habe der Sendetätigkeit deutscher Amateure zugestimmt“.
  3. An verschiedene Orte Deutschlands gelangten anonyme Schreiben, in welchen unter Bekanntgabe der DA-Kennziffern-Aufstellung zur Beteiligung aufgefordert wurde. Hauptargument ist stets die anscheinend „wohlwollende Duldung“ der unlis-Tätigkeit seitens der Besatzungsmächte.
  4. Als „Erfolg“ ist eine rapide Zunahme des Schwarzsenderverkehrs seit Jahresbeginn zu verzeichnen. Diese hat einen derartigen Umfang angenommen, daß die postalischen Überwachungsstellen ihre Kräfte zu einem weitaus größeren Teil zur Beobachtung der Amateurbänder, als zu ihren sonstigen eigentlichen Aufgaben einsetzen müssen.
  5. Nachdem sich die QSL-Vermittlung des WBRC geweigert hat, DA-Karten zu vermitteln, fordern diese Stationen jetzt QSL an einer Stuttgarter Postbox „via DARC“ und kompromittieren damit dessen Namen.

Die augenscheinliche Aufstellung eines Schwarzsendernetzes birgt noch andere Gefahren in sich, die hier nicht erörtert zu werden brauchen.

Was eine verschärfte Kontrolle des Amateurfunkwesens unter dem Einfluß sich verschlechternder Beziehungen sowohl für den einzelnen als auch für die Clubs bedeuten kann, braucht niemandem gesagt zu werden. Wohl haftet der Club nicht für seine Mitglieder, jedes Mitglied vielmehr für sich persönlich (§ 25 unserer Satzung verpflichtet zur Einhaltung der einschlägigen Gesetze und Anordnungen, widrigenfalls sofortiger Ausschluß erfolgt), doch wird ungeachtet dessen der Verein bei einem festgestellten großen Anteil seiner Mitglieder an ungesetzlicher Tätigkeit darunter leiden müssen. Eine 2jährige Aufbauarbeit wird damit aufs Spiel gesetzt. Ein Beispiel genügt: der Österreichische Versuchssender Verband (ÖVSV) wurde in der französischen Zone Österreichs verboten, wie berichtet, wegen Schwarzsendertätigkeit.

Überall in der Welt stehen sich die Prinzipien „Ordnung“ und „Gewalt“ entgegen und wir haben genug Gelegenheit gehabt, uns von dem Unwert des letzteren zu überzeugen. Es bleibt uns jetzt keine Wahl mehr, sondern nur noch die Notwehr: jeder von uns muß sich darum bemühen, unsere Reihen von dem aufgezeigten Übel freizuhalten. Wir selbst haben keine oder nur geringe Möglichkeiten, jemanden bei Verstößen zu überführen und sind auch nicht in der Lage, solche Leute namhaft zu machen. Auffindung und Strafverfolgung ist Sache der Behörden und muß es bleiben. Die deutschen Radio-Amateur-Clubs haben aber beschlossen, alle Mitglieder, denen Schwarzsendertätigkeit nachgewiesen werden sollte oder welche dazu auffordern, umgehend auszuschließen. Wo ein entsprechender Verdacht besteht, kann dem Betreffenden der Austritt nahegelegt werden.

Wie berichtet, lagen den alliierten Behörden ziemlich genaue Angaben über 80 % der bis zum vorigen Jahresende arbeitenden Schwarzsender vor. Sie erklärten, daß diese mit einer späteren Lizenzierung nicht rechnen könnten …

In kurzen Zeitabständen wird in den Tageszeitungen über Verbesserungen im Nachrichtenwesen, Post- und Telegrafenverkehr berichtet – und eines Tages wird sicher auch unser Hobby wieder dabei sein. Trotzdem wir alles unternehmen, um diesen Termin zu beschleunigen, wird jeder zugeben müssen, daß es noch eine reihe weit wichtigerer Fragen für uns gibt, die noch zu regeln sind. Unser Anteil muß es sein, positive Mitarbeit zu zeigen. Hüten wir uns davor, uns ins Unrecht zu setzen und unsere Stellung selbst zu verderben.

NIE kannst auf Lizenz Du hoffen,

läßt Du nicht die Taste offen !


Nach diesem unerfreulichen Thema bessere Neuigkeiten:

Die diesjährige Kurzwellentagung der DARCs findet am 8. und 9. Mai (Wochenende nach Himmelfahrt) in Bad Lauterberg im Harz statt. Es können dort etwa 800, ¼ Bahnstunde entfernt weitere 600 Personen untergebracht werden, jedoch nur wenn rechtzeitig Voranmeldungen erfolgen. Die dortige Stadtverwaltung zeigte sich außerordentlich entgegenkommend und verschob den Kurbeginn um 14 Tage. Station Lauterberg - Kurpark ist mit Umsteigen in Scharzfeld z. Zt. von Northeim (Strecke Hannover-Göttingen) aus 3 mal täglich in 4 Stunden Abstand zu erreichen, doch wird das mit Einführung des Sommerfahrplans sicher günstiger werden. Sonderwagen sind beantragt. Geplant sind kleinere Veranstaltungen und ein Harzer Heimatabend am Sonnabend und der Hauptteil der Veranstaltungen am Sonntag mit Ausklang in einem geselligen Abend. Vorschläge zur Ausgestaltung werden noch dringend erbeten, ebenso Anmeldungen für eine Amateur-Geräte-Ausstellung, sowie für eine geplante DE-Prüfung.

Die Teilnahmekosten gestellen sich voraussichtlich auf 8 M pro Tag für Quartier und Verpflegung, für die Gutscheinausgabe gegen vorbereitete Markenabgabe beim Empfang ausgegeben werden sollen.

Voranmeldungen von den einzelnen OVs bitte direkt an OM Rudolf Meißner, ....., bis zum 1. März zu leiten. (im Falle einer vorangehenden Währungsreform sind wir nicht gebunden).

Es wird um Vorschläge für Einladung prominenter Persönlichkeiten gebeten.

Es wird gebeten, in die Tageszeitungen (möglichst im redaktionellen Teil) folgenden Text einsetzen zu lassen:

„Die diesjährige Jahrestagung der Kurzwellenamateure der Deutschen Amateur-Radio-Clubs findet am 8. und 9. Mai im schönen Bad Lauterberg im Harz statt.“

Dazu gegebenenfalls Hinweis bzgl. Auskunft.


Für eine gemeinsame Zeitschrift des DARCs ist eine Lizenz für eine Auflage von 6000 (erweiterbar auf 10.000) Exemplare von 40 Seiten DIN-A5 in Aussicht gestellt. Der in Aussicht genommene Verlag garantiert Ausführung aller technischer Arbeiten und termingerechte Lieferung. Als Hauptschriftleiter ist OM Fendler (ex D4idh) in Aussicht genommen. Die Zeitschrift würde im Verlag des DARC erscheinen, ihre Linie von dessen Ältestenrat festgelegt. Durch Versand mit der Post bei monatlicher Einziehung der Gebühren werden Bezugsgeld und Beitrag gekoppelt. Nach Abzug der Unkosten wird der Beitrag anteilig an die Verbände weitergeleitet. Für die Übergangszeit läuft das MBZ des DARC/BZ weiter.


Die Vorschläge zur Neufassung des Lizenzgesetzes, welche unter Berücksichtigung von Auskünften britischer und amerikanischer Organe getroffen wurden, geschahen unter dem Gesichtspunkt größter Freizügigkeit bei voller Wahrung staatlicher Belange. Insbesonders hinsichtlich des Personenkreises wurde gewünscht: Aufhebung des Arierparagraphen und der „Unbedenklichkeitserklärung“ seitens der Polizei (statt deren polizeiliches Führungszeugnis), sowie die Zwangsmitgliedschaft in Vereinen.

Prüfung durch von der Post berufene Amateure unter Aufsicht der Post wie früher.

Anpassung der Betriebsarten an den internationalen Status z. B. hinsichtlich Telefonie, ortsveränderlichen und beweglichen Stationen, Textfassung nach Weltnachrichtenvertrag ohne weitere Einschränkungen.

Weiter sind 2 Klassen von Lizenzen vorgesehen: B = 10 Watt Input, Fonie nur auf 3,5 und 28 MHz, sowie A = 100 Watt Input, alle international zugelassenen Betriebsarten. Eine erleichterte Mitbenutzungsgenehmigung wurde gleichfalls vorgeschlagen.


In der Dachorganisation der Verbände sind jetzt folgende Clubs vertreten: HRC, BARG, Kurzwellensektion des WBRC, DARC/BZ und Berliner Gruppe. Das ausführende Organ des DARC ist der Ältestenrat, der aus von den einzelnen Clubs zu benennenden Mitgliedern gebildet wird. Seine Aufgaben sind insbesondere: Bearbeitung von Lizenzfragen, DE-Tätigkeit, QSL-Vermittlung, Tests, Presse, Auslandsbeziehungen. Der Ältestenrat beschließt in allen Angelegenheiten, welche über den Aufgabenbereich eines Einzelverbandes hinausgehen und entscheidet bei etwa auftretenden Zweifeln in letzter Instanz (Auslegungsbefugnis). Eine genaue Ausarbeitung wird noch vorgenommen.


Die DE-Prüfungsbedingungen wurden kurz diskutiert, der Besitz eines Empfängers als obligatorisch anerkannt, der eines Frequenzmessers jedoch in das Urteil der einzelnen verbände gestellt (sinnvolle Behandlung notwendig, d.h. nicht etwa Absorptionskreis bei Super). Die DE-Bedingungen mußten wegen Zeitmangels auf die nächste Zusammenkunft (voraussichtlich anläßlich der KW-Tagung) verschoben werden, Vorschläge werden inzwischen ausgearbeitet.


Aus der vom WBRC dem DARC/BZ übersandten Abrechnung geht hervor, daß ein beträchtlicher Teil der Mitglieder noch Beitragsrückstände aus dem vorigen Jahr aufzuweisen hat. Für die ab April geplante postalische Einziehung des Beitrags wird uns von der Post für jedes Mitglied, welchen diesen nicht begleicht, ein Betrag von 40 Pfg. angerechnet. Es ist daher beabsichtigt, nur solche Mitglieder in die Bestellerliste aufzunehmen, welche sich als korrekte Beitragszahler erwiesen haben. Hinweis in den OVs erbeten.


Bis zu einer Entscheidung auf der nächsten Sitzung des Ältestenrats geschieht die gemeinsame QSL-Vermittlung wie zuvor über 14a) Stuttgart, Christophstr. 27.

Bestellung des „Frequenzmessers für den Amateurbetrieb“ (90 Seiten, Preis bei 4 M über Distrikts-Warenabteilung bzw. Manager.


vy 73 Mü.


Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


Inhalt 1948 Rundspruch-Archiv